Es ist ein Versuch, mein Training durch Trainingsplanung nach Spielphasen weiter zu strukturieren. Ich trainiere jetzt im dritten Jahr die D-Jugend (jeweils mit Schwerpunkt jüngerer Jahrgang / mittleres Niveau). Auch bisher haben sich schon einige Erfolge in der Weiterentwicklung der Kinder gezeigt. Aber die Struktur im Trainingsansatz war von außen nicht so gut zu erkennen. Ich bin sehr stark über technische Inhalte herangegangen und habe die “taktische” Struktur etwas vernachlässigt. Wie gesagt hat das ganz gut funktioniert. Aber das reicht nicht.
Inhalt
Ein neuer Ansatz: Strukturierung des gesamten Trainingsjahres nach Spielphasen.
Der Ansatz ist natürlich keine Innovation, sondern nur für mich neu. Da stellen sich einige Fragen:
- Welche Phase zuerst?
- Können Phasen zusammengefasst werden?
- Wie erklärt man den Kindern, was man gerade erarbeiten möchte?
- Welche Hinweise gibt man im Training?
- …
Trainingsplanung: Ansatz zur Strukturierung des Trainingsjahres.
Mein Ansatz in der Trainingsplanung ist folgender:
- Ballbesitz wird zusammen mit Ballverlust (Ansätze von Gegenpressing / sofortiges Jagen) trainiert
- gegnerischer Ballbesitz wird zusammen mit Ballgewinn (schneller Gegenangriff) trainiert
- Eigenen Ballbesitz trainieren ist wichtiger als gegnerischen Ballbesitz zu trainieren (weil schwieriger und mehr technische Anforderungen). Deshalb wird 6/10 Monaten Ballbesitz (+ Ballverlust) und nur 4/10 Monaten gegnerischer Ballbesitz (+Ballgewinn) trainiert. Beim gegnerischen Ballbesitz dann wieder ein starker Fokus auf dem Ballgewinn, so dass die Kinder sich hauptsächlich damit beschäftigen, was sie tun müssen, wenn sie den Ball haben oder gerade gewonnen haben.
- Jeweils einen Monat lang wird ein Thema trainiert (also entweder Ballbesitz + Ballverlust oder gegnerischer Ballbesitz + Ballgewinn).
Das könnte man auch anders machen (z. B. in der Trainingsplanung die Phasen zusammenfassen, in denen man selbst bzw. der Gegner den Ball hat). Für mich erschien das so schlüssiger und einfacher umzusetzen im Trainingsablauf (Ballverlust folgt direkt auf Ballbesitz, wenn man das “Coachingteam” betrachtet).

Das Ziel ist, in jedem folgenden Trainingsblock der gleichen Spielphasen die Anforderungen an die Kinder zu steigern. Das wird über andere Zahlenverhältnisse, Feldgrößen, Zeitbeschränkungen, intensiveres Coaching und weitere Zusatzregeln gesteuert. Sobald Spielprinzipien (siehe nächster Abschnitt) verinnerlicht sind, wird die Umsetzung erschwert, um eine Anpassungsreaktion zu erreichen. Es wird also – einfach gesagt – monatlich schwerer, von Stufe 1 bis Stufe 3.
Die Basis des Trainings und Coachings: Spielprinzipien
Spielprinzipien sind Leitplanken für Kinder, die ihnen helfen, in einem kreativen Rahmen richtige Entscheidungen zu treffen. Sie geben ihnen Orientierung, ohne sie in ihrer spielerischen Freiheit einzuschränken. Ich finde das Buch von Gabriel Imran, Fußball mit Prinzip: Die eigene Spielauffassung formulieren und vermitteln (Werbelink) extrem gut gelungen und uneingeschränkt empfehlenswert. Hierin entwickelt er 25 Spielprinzipien für alle 4 Spielphasen, veranschaulicht ihren Nutzen und ihre Bedeutung und gibt Handreichungen zu Training (Trainingsgestaltung) und Coaching (Vermittlung). Also kann man die Trainingsplanung gut danach ausrichten.
Von diesen Spielprinzipien – viele davon sind bekannt oder schon gelernt – habe ich mich bei der Gestaltung der einzelnen Trainingsblöcke leiten lassen.
Beispiele:
- Überzahl in Ballnähe
- Laufweg rechts und links vom Ballbesitzer anbieten
- Linien diagonal überspielen
- Anker (Anspielposition schräg hinter dem Ball) besetzen und Verlagerung nutzen
Und gleichzeitig habe ich natürlich bei der allgemeinen Trainingsplanung und -gestaltung wichtige Grundsätze des Kindertrainings berücksichtigt: Hoher Technikanteil, viele Ballkontakte, viel Spielen, kleine Gruppen.
Die Trainingszeit von etwa 2 x 2 Stunden pro Woche + 1 Testspiel oder Turnier zum Ausprobieren war natürlich extrem knapp, aber mehr ist leider nicht drin. Jede halbe Stunde mehr ist dabei hilfreich, z. B. auch ein etwas ausgedehntes Aufwärmprogramm vor dem Spiel.
Eindruck nach dem ersten vollen Monat (Juli)
Im Juli lag der Trainingsschwerpunkt klar auf dem Spielaufbau und dem Freilaufverhalten. Immer wieder wurden Prinzipien wie „in der Tiefe freilaufen“, „Linien diagonal überspielen“ und „Anker- sowie Verlagerungsspiel“ (raus aus dem Druck) trainiert.
Dazu kam die eher technische Arbeit an einer offenen Spielstellung, einem dynamischen ersten Kontakt in die Bewegung und dem gezielten Nachrücken nach Pässen (Unterstützung).
Häufige Trainingsformen waren kleine Spielformen wie Zonenspiele im 4-gegen-4, 3-gegen-2-Überzahlspiele und Minitor-Spiele in Gleichzahl. Technische Elemente wie Passspiel und Ballannahme unter Druck wurden regelmäßig eingebaut.
Trainingsformen wie das 3-Farben-Spiel oder Spiele im Soccercourt mit Bande sorgten für hohe Intensität und Wettkampfatmosphäre. Insgesamt war das Training spielnah mit Fokus auf Spielformen mit Provokationsregeln (Anzahl, Raum, Zonen, taktische / technische Vorgaben).
Die Kinder haben die meisten Prinzipien verstanden und versuchen sie umzusetzen. Was am besten ist: sie fordern sie immer wieder von den Mitspielern ein, z. B. indem sie den Ball in den vorderen Fuß verlangen oder laut “Anker” rufen. Damit sind schon gute Ansätze einer positiven und konstruktiven Lernatmosphäre entstanden. Hieran werden wir weiterarbeiten. Der Ansatz der Trainingsplanung hat m. E. funktioniert und geholfen.
Wie soll es weitergehen im zweiten Monat? – Wake me up, wenn September comes.
Im zweiten Trainingsmonat September (nach den Sommerferien) stören dann ab Mitte des Monats leider die Ligaspiele, die wahrscheinlich bei Kindern und Eltern für Aufregung sorgen werden. Das wird ein Spaß mit Kindern, die erst ein paarmal mit Abseits gespielt haben und vom strukturierten Verteidigen keinen blassen Schimmer haben. Aber das steht nunmal erst später auf dem Lehrplan. :-) Zumindest wollen wir die ersten erlernten Spielprinzipien in der Offensive nach und nach auch im Wettkampf umsetzen.
Auch der zweite Trainingsmonat steht bzgl. der Trainingsplanung im Zeichen des Ballbesitzes, wahrscheinlich etwas mehr im Bereich Angriffsspiel (statt Spielaufbau). Aber natürlich mit größtenteils den gleichen Prinzipien wie Monat 1. Zusätzlich werden die Anforderungen erhöht. Statt 3 gegen 2 muss nun im 2 gegen 2 angegriffen werden, d.h. aus Überzahl wird Gleichzahl.
Wer soll sich da noch zurechtfinden? – Einfach Orientierung geben.
Das stimmt. Aber wenn Fußballtraining einfach wäre, wäre es [setze eine beliebige Sportart]-Training. Die Eltern und Kinder erhalten zur Orientierung einen groben Überblick über das Trainingsziel und die relevanten Inhalte im folgenden Monat (als kurzes Merkblatt). Dazu braucht man keine Details der Trainingsplanung vermitteln.
Darüber hinaus wird die technische, taktische und athletische sowie die mentale Entwicklung jedes Kindes auf einem einfachen Skill-Sheet festgehalten. So sehen die Kinder ihre Stärken und Schwächen (die sie ohnehin kennen, aber oft nicht benennen können). Das ist dann die individuelle Fortsetzung und Ausgestaltung der Trainingsplanung bzw. geht stark ins individuelle Coaching.
Auf dieser Basis werden individuell 2-3 Themen besprochen, an denen in den nächsten Wochen gemeinsam gearbeitet wird (Schwerpunkt Technik und Spielprinzipien, wir sind ja in der D-Jugend). Das ist eine einfache Möglichkeit, Transparenz und Klarheit herzustellen und gemeinsame Entwicklungsziele anzugehen. Das führt dazu, dass den Kindern fast immer und in jedem Training ganz automatisch klar ist, woran wir gerade arbeiten. Das sorgt für weniger Aufwand beim Erklären und mehr Zeit am Ball.
Und als ganz große Zielsetzung kann man den Kindern auch mitgeben, wie das eigene Spiel aussehen soll, quasi Stil und Haltung der Mannschaft in einem (Spielphilosophie wäre etwas zu viel gesagt):

Funktioniert die Trainingsplanung nach Spielphasen auch in anderen Altersklassen? – Ja, unbedingt.
Das ist auf jeden Fall möglich und sinnvoll. Bei etwas jüngeren Kindern (E-Jugend) kann man die Prinzipien vereinfachen oder einfach nur weniger davon verwenden. Ansonsten ist es immer vom Niveau und der Vorerfahrung der Mannschaft abhängig, wie viel man umsetzen kann. Aber wichtig ist: Kinder haben tolle Fähigkeiten, wenn es darum geht, Neues zu lernen. Man sollte ihnen schon auch etwas zutrauen, auch wenn es mal anstrengend ist und zwischendurch einfach nicht klappen will. Lernkurven verlaufen nun mal nicht immer linear. Für die Trainingsplanung eignet sich der Ansatz auch hier.
Wie es weitergeht? – Ich werde hier im Blog berichten.