Ziel des Taktiktrainings im Fußball ist es, das gewünschte Verhalten der eigenen Mannschaft zu verbessern. Dabei geht man vom aktuellen taktischen Repertoir aus: eigene Spieler, Vorkenntnisse, Erfahrungen, etc. Im Endeffekt geht es dann darum, das Spektrum der eigenen taktischen Verhaltensweisen zu vergrößern und den Spielern beizubringen, im Spiel die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Basis des Taktiktrainings ist eine Analyse von Spielsituationen bezogen auf die eigene und gegnerische Mannschaft.
Inhalt
Warum trainiert man Taktik im Fußball?
- gewünschte Verhaltensweisen in Offensive und Defensive im Spiel umsetzen zu können
- zu lernen, unter Zeit- und Gegnerdruck richtige Entscheidungen zu treffen
- d. h. im Spiel gleichzeitig planvoller und flexibler zu sein!

Man braucht eine taktische Strategie: Das ist eigentlich an sich schon ein Widerspruch. Aber ohne eine Strategie ist Taktik sehr schwer zu trainieren. Denn die Strategie ist der rote Faden, der sich durch das Spiel der Mannschaft zieht, und zwar grundsätzlich. Hierzu kann man sich unendlich viele Fragen stellen, z. B. Was sind unsere Spielsysteme? Wo wollen wir attackieren? Wollen wir auf Ballbesitz oder auf Konter spielen? Wo wollen wir unser Pressing starten? Setzen wir auf ausgewogenes Teamspiel oder versuchen wir, einzelne Spieler in Szene zu setzen?
Als Trainer muss man sich einen relativ detaillierten Plan erarbeiten, wie man angreifen und verteidigen will, natürlich bezogen auf das eigene Spielsystem. Welche Elemente man hierbei beachten sollte, kann man auch sehr gut aus der Artikelserie zum Spielsystem sehen:
- Ein Spielsystem trainieren, Teil 1: Vorüberlegungen
- Ein Spielsystem trainieren, Teil 2: Viererkette, Pressing, Umschalten
- Ein Spielsystem trainieren, Teil 3: Spielaufbau, Torchancen herausspielen, Umschalten
Weiß man endlich, was man möchte und ob es auch realistisch ist, kann man damit beginnen, wie in den vorstehenden Artikeln beschrieben, an seinem taktischen Verhalten zu arbeiten. Einige Dinge kann man im Training sehr schnell verbessern, für andere braucht man Wochen oder Monate. Dabei muss man auch beachten, dass man die Inhalte passend zur Altersklasse auswählt und auch taktische Inhalte nicht überbetont.
Wie trainiert man Individualtaktik, Gruppentaktik und Mannschaftstaktik und welche Unterschiede gibt es?
Das Training der verschiedenen Taktikebenen erfolgt in unterschiedlichen Kontexten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Trainingsablauf. Diese unterscheiden sich je nach Alter und Leistungsniveau der Spieler.
Individualtaktik
Die Individualtaktik umfasst die Fähigkeiten und Verhaltensweisen eines einzelnen Spielers, etwa das richtige Positionieren, Ballführung, Dribbling, Passgenauigkeit und das Lesen des Spiels.
Training:
- Wird meist in technischen Einheiten oder bei speziellen Einzelübungen trainiert, bei denen ein Spieler isoliert an seinen Fähigkeiten arbeitet.
- Fokus liegt auf feinen Bewegungsabläufen, Reaktionsfähigkeit und Entscheidungsfindung in Situationen wie 1-gegen-1.
- In jungen Jahrgängen liegt der Schwerpunkt auf den grundlegend technischen Fähigkeiten, während bei älteren und leistungsorientierten Spielern verfeinerte taktische Entscheidungen im Vordergrund stehen.
Gruppentaktik
Die Gruppentaktik umfasst das Verhalten kleiner Spielgruppen, z.B. das Zusammenspiel zweier oder mehrerer Spieler in Angriff und Abwehr. Beispiele sind das Übergeben, das „Doppeln“ oder das Anbieten von Laufwegen.
Training:
- Wird meist in spezifischen Spielformen geübt, bei denen kleine Gruppen gemeinsam eine taktische Aufgabe lösen, z.B. Überzahlspiele oder Pressingübungen.
- Hier geht es auch um das Zusammenspiel, die Kommunikation und das Verständnis zwischen den Spielern in Bezug auf Absprachen und Bewegungen innerhalb der Gruppe.
Mannschaftstaktik
Die Mannschaftstaktik betrifft das Verhalten des gesamten Teams im Zusammenspiel, wie Spielaufbau, Umschaltspiel, Raumdeckung und die zentrale Strategie. Training:
- Wird in größeren Spielformen, Spielsituationen (z.B. 11-gegen-11) und Spielanalysen trainiert.
- Hier werden taktische Grundprinzipien wie Pressing, Raumaufteilung oder Spielsysteme vermittelt, die im Spielverlauf abgerufen werden sollen.
- Besonders in fortgeschrittenen Altersklassen und bei höherem Leistungsniveau findet der Schwerpunkt auf komplexe, situationsabhängige taktische Anpassungen.
Altersabhängige Schwerpunkte und Anforderungen
- Kinder und Jugendliche: Der Fokus liegt auf den technischen Grundlagen, dem Verstehen einfacher Taktikprinzipien / Spielprinzipien und der Entwicklung eines Spielverständnisses.
- Erwachsene (unterer Amateurbereich): Hier geht es mehr um die Feinabstimmung der Taktik, taktische Flexibilität und das Lesen von Spielsituationen.
- Leistungssportler (oberer Amateurbereich und Profibereich): Das Taktiktraining ist sehr spezifisch, mit hohem Fokus auf Spielanalysen, schnelle Entscheidungsfindung und individuelles Situationsverstehen.
Jede Taktikebene wird in unterschiedlichen Übungen und Phasen des Trainings berücksichtigt. Während die technische und individuelle Schulung der Individualtaktik oft in sehr kleinen Gruppen (bis 3 gegen 3) stattfindet, erfolgt die Gruppentaktik im Zusammenspiel bis 6 gegen 6 (oft unter Beteiligung der ganzen Positionsgruppe) und die Mannschaftstaktik meist im größeren Spielfeld und in Spielsituationen (8 gegen 8). Die Schwerpunkte und Komplexität passen sich dabei an das Alter und das Leistungsniveau der Spieler an, um ein effektives und altersgerechtes Lernen zu gewährleisten.
Im Leistungsfußball wird Taktiktraining fast immer in Spielformen mit Gleichzahl durchgeführt. Dabei wird in der Trainingswoche oft spezifisch und nach einer eingehenden Spielanalyse auf den nächsten Gegner hin trainiert. Das kann auch im Jugendbereich immer wieder sinnvoll sein, allerdings nur, wenn sich die Inhalte wenigstens grob am roten Faden orientieren. Denn hier steht die taktische Ausbildung klar im Vordergrund. Beispielsweise können taktische Inhalte, die in größere Trainingsblöcke (z.B. Pressing, Viererkette, Angriffsvarianten, etc.) unterteilt sind, hier ganz gut passen. Ein nur noch auf das nächste Spiel bezogene Training ist eher kontraproduktiv.
Für den Breitensportbereich und das Taktiktraining in Kinder- und Jugendfußball kann man sagen, dass Taktik hier auch (mal) ohne Gegner trainiert werden darf, d.h. dass man Laufweg und Gegner auch mit Markierungshütchen nachstellen kann, um den Spielern bestimmte Verhaltensweisen detailliert aufzuzeigen.
Aber auch hier gilt: an das Wettspiel denken! Insgesamt ist es wichtig, zwar seine Spieler zu schulen, aber nicht jeden Spielfluss durch zu häufige Unterbrechungen zu zerstören. Je älter die Spieler und je höher das Niveau, desto häufiger kann man eingreifen. Sonst gilt: Trainingsformen so oft wie möglich laufen und spielen lassen.
Vorgehen beim Taktiktraining:
Führt man nun seine taktischen Trainingseinheiten durch, so ist das vom didaktischen Ablauf her gesehen, sehr einfach.
- Kurze(!) Erklärung der Trainingsform
- Zunächst spielen lassen, eventuell erste Korrekturen (Strategiekorrektur), wenn es gar nicht funktioniert
- Verbale Korrekturen und Demonstration anhand von in Zeitlupe nachgespielten Situationen, auch in höherem Tempo durchspielen lassen
- Schritt 3 wiederholt sich, bis der Trainer zufrieden ist :-)
- Eventuell Einführen / Ergänzen weiterführender Aktionen oder alternativer Lösungen
Aber es gilt: der Teufel steckt bei der Taktik im Detail. Denn als Trainer kann man seine Spieler nur richtig korrigieren, wenn man taktische Situationen „lesen“ kann und erkennt, was gerade falsch und richtig läuft. Dazu braucht man etwas Erfahrung und auch eine gute taktische Grundausbildung. Ein Trainerschein ist dabei eine große Hilfe.
FAQ bzw. Fragen und Antworten zum Taktiktraining für Anfänger
1. Was bedeutet Taktik im Fußball?
Taktik im Fußball beschreibt die geplanten und abgestimmten Spielsysteme und Verhaltensweisen, durch die eine Mannschaft erfolgreich agiert. Für Neulinge bedeutet das, zuerst die Grundprinzipien des Positionsspiels, der Verteidigung und des Angriffs zu verstehen, bevor komplexere Systeme geübt werden. Die Taktik ist das „Wie“ eines Teams, das über Sieg oder Niederlage entscheiden kann.
2. Warum ist Taktiktraining so wichtig für mein Team?
Taktiktraining fördert das Verständnis der Spieler für ihre Positionen und das Spielgeschehen, verbessert die Entscheidungsfähigkeit unter Druck und erhöht die Flexibilität auf dem Spielfeld. Für Trainer ist es zentral, damit das Team nicht nur individuell, sondern als Einheit funktioniert und sich auf verschiedene Spielsituationen einstellen kann.
3. Wie beginne ich als Trainer mit dem Taktiktraining?
Ein guter Start ist die Analyse der vorhandenen Spielstärke und der taktischen Vorkenntnisse deiner Spieler. Danach legst du klare, realistische Ziele fest und vermittelst einfache Grundtaktiken, z.B. richtige Positionierung, Passwege und das Zusammenspiel in der Defensive. Kleinere Spielformen helfen, Taktikelemente ohne Druck einzuüben. Achte dabei immer darauf, was die Anforderungen der Altersklasse sind, d. h. welche taktischen Elemente überhaupt schon bekannt sein sollten und was ins Training der Altersklasse gehört.
4. Welche Grundlagen sollte ich meinen Spielern zuerst beibringen?
Der Einstieg beginnt mit Grundpositionen auf dem Feld, einfachen Spielzügen und Kommunikation. Spieler müssen lernen, wie sie sich ohne Ball bewegen, richtig passen und Räume schaffen. Das schafft das Fundament für komplexere Taktiken. Zuerst geht es also um Position, Freilaufverhalten und das erkennen erster taktischer Muster, z. B. „Wie mache ich mich anspielbar?“, „Wie ist meine Körperposition?“, „Wo sollte ich hinlaufen?“
5. Was bedeutet „Spielsysteme“ und wie lerne ich sie?
Spielsysteme sind strukturierte Grundaufstellungen, z.B. 4-4-2 oder 4-2-3-1, im Kinderfußball 2-1-2, 3-3-1, etc., die bestimmen, wie die Mannschaft sich auf dem Spielfeld positioniert. Für Anfänger ist es hilfreich, diese Systeme zunächst als „Raster“ zu verstehen, anhand derer das taktische Verhalten geplant wird. Mit der Zeit lernst du, wie Systeme im Training umgesetzt und im Spiel angepasst werden. Spielsysteme im Kinderfußball
6. Welche Fehler sollte ich als Neuling im Taktiktraining vermeiden?
Vermeide es, zu viele taktische Informationen auf einmal zu vermitteln. Überfordere deine Spieler nicht, sondern halte Trainingseinheiten einfach und nachvollziehbar. Intensive Daueransprachen ohne praktische Spiele können demotivierend sein. Wichtig ist, ausgeglichene Schwerpunkte zwischen Technik, Taktik und Spielfreude zu finden. Dir muss klar sein, dass taktische Fortschritte oft extrem langsam erreicht werden, auch wenn man immer kleine Stellschrauben findet, die das situative Verhalten auch kurzfristig verbessern können.
7. Wie kann ich Taktiktraining zielgerichtet planen?
Plane deine Trainingseinheiten mit einem klaren Fokus, orientiere dich an den Stärken und Schwächen deines Teams und gestalte Übungen, die auf realen Spielsituationen basieren. Nutze regelmäßige Analyse und Feedbackrunden, um Fortschritte zu messen und Trainingsinhalte anzupassen. Als Grundstruktur für das Taktiktraining eignen sich die Unterscheidungen zwischen Offensive und Defensive oder – etwas detaillierter – das Spielphasenkonzept.
8. Wie wichtig ist die Kommunikation im Taktiktraining?
Kommunikation ist eine der wichtigsten Säulen in der Taktik. Spieler müssen lernen, sich auf dem Feld abzusprechen, Informationen zu geben und (schnell) auf Anweisungen zu reagieren. Als Trainer sollte man das Fördern der Kommunikation gezielt in Übungen integrieren. Wichtig ist dabei, dass die Mannschaft eine gemeinsame Sprache lernt und auch lernt, aufeinander zu hören („Ballfern reagiert auf ballnah“, „Ballfern dirigiert ballnah“). Oft vernachlässigt wird die Rolle des Torhüters, der durch seine Position einen guten Überblick hat und gleichzeitit oft in der Spielsituation nichts besseres zu tun hat als seine Mitspieler zu dirigieren. Das sollte man von Torspielern aktiv einfordern.
9. Sollte ich als Trainer-Neuling moderne Hilfsmittel nutzen?
Das ist nicht so leicht zu sagen. Moderne Hilfsmittel wie Videoanalysen, digitale Taktiktafeln oder Apps zur Trainingsplanung lenken dich einerseits vom Wesentlichen ab: Die Spielsituation zu verstehen und deine eigene Vorgehensweise zu entwickeln. Andererseits können sie dir helfen, taktische Zusammenhänge anschaulich zu erklären und die Trainingsqualität zu steigern. Deshalb sollten diese Tools immer so eingesetzt werden, dass sie dein eigenes Verständnis fördern. Darauf aufbauend können sie dann praxisnah eingesetzt werden, damit die Spieler auch vom visuellen Lernen profitieren.

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