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Vororientierung, offene Stellung und Kommunikation = Kombinationsspiel-Grundlagen im Fußball

Vororientierung, offene Stellung und klare Kommunikation sind wichtig, um die entscheidenden Phasen von Spielsituationen: Wahrnehmen – Entscheiden – Umsetzen, erfolgreich lösen zu können. Um im modernen Fußball noch besser zu werden, sind diese Phasen einer Spielsituation entscheidend. Spieler, die schneller wahrnehmen und besser entscheiden, haben einen Vorteil gegenüber Spielern, die vielleicht nur die Durchführung einer Spielsituation, z. B. einen Innenseitpass zum Mitspieler, beherrschen. So ergibt sich für die Mannschaft besseres und schnelleres Zusammenspiel, das zu mehr Erfolg führt.

Die Spielkompetenz geht also über das reine Abarbeiten einer technischen Anforderung hinaus. Es geht in allen Phasen darum, schneller und präziser zu werden. 

Vororientierung – schnelleres Spiel durch bessere Wahrnehmung und Entscheidungen

Eine wichtige Fähigkeit im Fußball ist die schnelle Wahrnehmung und Entscheidungsfähigkeit. Wenn sich der Spieler vorab richtig orientiert, kann er den Druck verringern und einen Vorteil im Spiel erlangen. Dafür muss er die Situation vor seinem ersten Ballkontakt überblicken und so viele Informationen wie möglich sammeln. Ein ‚Schulterblick‘ kann dabei helfen, offene Räume, freie Mitspieler oder herannahende Gegner zu erkennen. Eine offene Körperhaltung in Richtung des Spiels vergrößert das Sichtfeld und ermöglicht eine schnelle Fortsetzung des Spiels, da weniger Ballkontakte notwendig sind.

Weltklassespieler haben eine bessere Orientierung

Weltklasse-Mittelfeldspieler zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie schon vor dem Pass wissen, was sie als Nächstes tun werden. Diese Fähigkeit basiert auf ihrer Orientierung. Spieler wie Kroos, Messi oder Xavi und Iniesta schauen sich ständig um, um so viele Informationen wie möglich zu sammeln, während sie sich frei bewegen. Dabei vermeiden sie es, ständig nur den Ball zu beobachten („Ball-Watching“), sondern  haben immer die gesamte Spielsituation (Ball – Raum – Mitspieler – Gegner) im Blick.

Der Schulterblick hilft den Spielern, freie Räume zu sehen, in die sie sich bewegen können, um anspielbar zu sein. Dabei stellen sie sich so auf, dass sie zwischen den gegnerischen Linien stehen und mehr Zeit haben, wenn sie den Ball bekommen. Außerdem schauen sie auf ihre Mitspieler und Gegner, um schnell die richtige Entscheidung zu treffen und auszuführen, wenn sie den Ball haben.

Vororientierung im Fußball führt zu besseren Anschlussaktionen und flüssigem Kombinationsspiel.
Vororientierung verbessert die Anschlussaktion | Bild von Keith Johnston auf Pixabay

Vororientierung führt zu besseren Spielleistungen

Dass das Scannen zu besseren Spielleistungen führt, wurde bereits wissenschaftlich nachgewiesen, so etwa in einer Studie der DSHS Köln gemeinsam mit dem DFB und dem norwegischen Fußballverband: https://www.dshs-koeln.de/aktuelles/meldungen-pressemitteilungen/detail/meldung/wer-besser-scannt-spielt-erfolgreichere-paesse/#:~:text=Um%20erfolgreich%20zu%20sein%2C%20m%C3%BCssen,und%20das%20kann%20man%20trainieren

Schnelle Orientierung verbessert alle Aspekte des Spiels:

  1. Schnellere Entscheidungen: Spieler wissen schon vor dem Ballkontakt, welche Optionen sie haben. Das verkürzt die Reaktionszeit und führt zu einem flüssigeren Spiel. Es ergibt sich auch etwas mehr Zeit für die Durchführung der Aktion, dadurch wird die Qualität, z. B. beim Passspiel, verbessert. 
  2. Bessere Entscheidungen: Durch die ständige Wahrnehmung ihrer Umgebung können Spieler das Spielgeschehen besser antizipieren und kluge Entscheidungen treffen.
  3. Schnellere Aktionen: Eine frühe Orientierung erlaubt es den Spielern, schnell zu handeln, besonders in Drucksituationen. Dadurch ergeben sich weniger Ballverluste: Spieler, die sich vororientieren, werden weniger leicht von Gegnern überrascht und verlieren seltener den Ball.

Trainingsansätze zur Verbesserung der Orientierung:

  • Rundumblick-Übungen: Spieler trainieren das ständige Scannen des Spielfelds, indem sie beispielsweise bei Unterbrechungen die Augen schließen und die Positionen von Gegnern, Mitspielern und Ball beschreiben müssen. 
  • Pass- und Bewegungstraining: Spieler sind ständig in Bewegung und müssen den Ball unter Druckbedingungen annehmen und weiterspielen.
  • Spielformen in kleinen Gruppen, Spielformen mit mehreren Toren, z. B. auch das 3 gegen 3 (Funino) im Kinderfußball. Hier müssen ständig Entscheidungen getroffen werden (Welches Tor greifen ich an? Passen oder Dribbeln? Angreifen oder Zurückfallen? Wo biete ich mich an?
  • Videostudium: Analyse von Spielsituationen anhand von Videos. Das lässt sich besonders gut einsetzen, wenn man als Trainer erkannt hat, dass sich manche Spieler immer wieder gleich (falsch) orientieren und dadurch Spieloptionen nicht erkannt werden. 

Offene Stellung im Fußball bzw. offene Spielstellung

Was ist die offene Stellung im Fußball? 

Die offene Stellung bezieht sich auf die Körperhaltung eines Spielers, die es ihm ermöglicht, das Spielfeld optimal zu überblicken und in mehrere Richtungen agieren zu können. Er dreht sich so in Richtung Spielfeld, dass er möglichst viel wahrnehmen kann und in mindestens 2 Richtungen agieren kann.

Offen Stehen bedeutet, dass der Körper so zum Ball ausgerichtet ist, dass man schnell weiterspielen kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Position situativ entschieden werden muss:. Wie gut die offene Spielstellung ist, hängt immer davon ab, wo die Mit- und Gegenspieler stehen, in welchem Bereich des Feldes das Spiel gerade stattfindet und was das Ziel des Spiels ist. Es gibt viele Spielsituationen, in denen man besser “geschlossen” agiert, z. B. um einen Gegner zu blocken oder als Wandspieler im Angriffszentrum zu agieren. 

Was sind die Vorteile der offenen Spielstellung im Fußball:

  1. Bessere Übersicht: Spieler können das Spielfeld besser überblicken und frühzeitig die Bewegungen von Mitspielern und Gegnern erkennen. Das erleichtert die Orientierung (s.o.) bzw. Entscheidung.
  2. Mehr Handlungsoptionen: Spieler können den Ball in verschiedene Richtungen spielen oder dribbeln. Sie verbauen sich keine Bewegungsrichtung durch die falsche Körperausrichtung. 
  3. Schnellere Aktionen: Spieler können schneller auf Druck reagieren und den Ball unter Kontrolle halten.
  4. Effektiverer Spielaufbau: Gruppen- oder mannschaftstaktisch ergeben sich mehr Optionen für sichere Pässe und Spielverlagerungen bzw. Seitenwechsel.

Wie wird die offene Spielstellung im Fußball trainiert? 

Die offene Spielstellung kann direkt (Training der Körperausrichtung in einer Übungsform) und indirekt (als wichtiges Element in einer Spielform) trainiert werden. Sehr gut eignen sich:

  • Kleingruppenspiele: Fördern die ständige Überprüfung der Position und das Überblicken des Spielgeschehens.
  • Rondos: Ballbesitzspiele unter Druckbedingungen, vor allem solche mit Felderwechsel. Das provoziert bei den Spielern, die den Pass ins andere Feld spielen müssen, die offene Stellung.
  • Passübungen mit Aufdrehen: Spieler nehmen den Ball an und drehen sich, um den nächsten Pass zu spielen. Hier sollte man auf schnelle Bewegungen und das richtige Timing achten.
  • Taktisches Training aller Spielsituationen in der Offensive mit konsequentem Coaching der Körperstellung.

Aufdrehen bei Ballannahme versus offene Stellung 

Ein weiteres wichtiges individualtaktisches Element ist das Aufdrehen im Fußball. Es bezeichnet das Verhalten, dass Spieler sich im Moment der Ballannahme schnell in Spielrichtung drehen. Das geht nur, wenn genügend Raum vorhanden ist und die Spieler sich entsprechend vororientieren. Eine weitere wichtige Hilfe dabei sind Kommandos von den Mitspielern.

Kommunikation im Fußball

Was ist klare Kommunikation im Fußball?

Kommunikation umfasst sowohl verbale als auch nonverbale Signale, d.h. Kommandos und Gesten, die Spieler nutzen, um Informationen auszutauschen, sich abzustimmen und taktische Anweisungen zu übermitteln. Eine Mannschaft, die gut kommuniziert, erleichtert sich gegenseitig das Spiel. 

Wichtige Kommandos und Signale im Fußball: 

„Zeit“: Keine Gegner in der Nähe, du hast Zeit, den Ball zu kontrollieren.

„Druck“: Gegner schnell und aggressiv attackieren. 

„Dreh“: Du kannst dich mit dem Ball drehen, ohne direkten Gegnerdruck.

„Hintermann“: Ein Gegenspieler nähert sich von hinten, pass auf.

„Komm“: Forderung an den Mitspieler, sich dem Ball zuzubewegen.

„Zurück“ oder “Klatsch”: Spiel den Ball nach hinten zu einem sicheren Mitspieler.

„Breit“: Breite das Spiel aus, nutze die Außenpositionen.

“Kurz”: Spiel einen kurzen Ball (in den Fuß).

„Lang“: Spiel einen langen Ball nach vorne.

„Abseits“: Warnung, dass ein Mitspieler im Abseits steht.

„Links/Rechts“: Anweisung, den Ball nach links oder rechts zu spielen.

„Mit“ oder “dabei”: Dein Mitspieler ist in der Nähe und bereit, den Ball zu übernehmen.

„Raus“: Aufforderung an die Abwehr, nach vorne zu schieben.

“Schieben”: Aufforderung an die Mannschaft, sich zur Ballseite zu bewegen.

„Wechsel“ oder “Verlagern”: Wechsel die Seite des Spielfelds mit einem langen / harten Pass.

“Durch” oder “Steil”: Fordern eines Passes in die Tiefe.

Häufig wird im Fußball auch nonverbal kommuniziert: Die offene Körperstellung fordert einen Ball in den Lauf, Handsignale (Anzeigen der Richtung, “Ruhig”, Zeigen auf den Fuß, etc.) sind ebenfalls oft zu sehen. Dazu kommen Klatschen, Schulterklopfen, geballte Fäuste und weitere wichtige Gesten. Für die Abstimmung einer Mannschaft ist es wichtig, dass alle die Kommandos kennen und das Gleiche darunter verstehen. Das ist ein wichtiger Trainingsinhalt und sollte vor allem in der Vorbereitung immer wieder im Training eingebracht werden. 

Vorteile klarer Absprachen auf dem Spielfeld:

  1. Vermeidung von Missverständnissen: Klare Absprachen reduzieren Fehler.
  2. Bessere Koordination von Abläufen: Teams, die gut kommunizieren, setzen taktische Anweisungen besser um.
  3. Erhöhung der Spielgeschwindigkeit: Schnelle und klare Signale halten das Spieltempo hoch. Sie ergänzt die Vororientierung der einzelnen Spieler um weitere Informationen zur Spielsituation..
  4. Verbesserte Defensivorganisation: Kommunikation hilft, die Abwehr zu koordinieren und gemeinsam Räume zu schließen.
  5. Kommunikation miteinander auf dem Spielfeld sorgt für Teamgeist, Motivation und signalisiert, dass man sich gegenseitig unterstützt und füreinander da ist. 

Übungen zur Verbesserung der Kommunikation:

  • Kommunikationsübungen: Übungen, bei denen Absprachen, Kommandos, Signale im Mittelpunkt stehen.
  • Rollenspiele und Simulationen: Simulieren von Spielsituationen, die intensive Kommunikation erfordern.
  • Kommandos und Signale in allen Spielformen als wichtiges Element einbauen und auch coachen
  • Kommunikationsregeln, Kommandos und Signale als Trainer in der Vorbereitung einführen
  • Feedback und Reflexion des eigenen Verhaltens: Analyse von Videoaufnahmen und gezieltes Feedback auch zur Kommunikation untereinander.

Fazit: Vororientierung, offene Stellung und Kommunikation im Fußball sorgen für besseres Kombinationsspiel

Vororientierung, offene Stellung und Kommunikation sind entscheidend im modernen Fußball und unerlässlich für eine erfolgreiche Spielweise. Diese drei Konzepte helfen Spielern, ihre Fähigkeiten zu verbessern und das Teamniveau zu steigern. Vororientierung ermöglicht schnelle und fundierte Entscheidungen. Offene Stellung erweitert die Handlungsoptionen, und Kommunikation koordiniert das Team effektiv. Gezieltes Training dieser Aspekte optimiert die Spielweise und maximiert die Leistung auf dem Spielfeld. Trainer und Spieler sollten die Bedeutung dieser Konzepte erkennen und kontinuierlich daran arbeiten.

In einer Zeit, in der Fußball immer anspruchsvoller wird, sind diese Prinzipien entscheidend für den Erfolg. Indem wir Vororientierung, offene Stellung und Kommunikation trainieren und anwenden, verbessern wir nicht nur unsere individuellen Fähigkeiten, sondern heben auch das gesamte Team auf ein höheres Niveau.

Integration der Konzepte ins Training

Um Vororientierung, offene Stellung und Kommunikation zu trainieren, sollten Trainingsformen eingesetzt werden, die alle drei Aspekte gleichzeitig fördern. Das macht man am besten mit sehr spielnahen Trainingsformen. Dazu gehören kleine Spiele mit ständigen Positionswechseln und begrenzter Zeit für Ballkontakte. Aber auch Rondos mit speziellen Regeln: Ballbesitzspiele, die Vororientierung, offene Stellung und Kommunikation erfordern. Hinzu kommen große, spielnahe Spielformen, die alle individualtaktischen und kommunikativen Verhaltensweisen fordern.