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Fußball-Camp für Kinder – drei Tage Intensivtraining

Vor kurzem hatte ich die Gelegenheit, als Trainer an einem Fußball-Camp für Kinder teilzunehmen. Ich kannte solche Veranstaltungen bisher nur vom Hörensagen und muss gestehen, dass ich das ein oder andere Vorurteil hatte, was die Qualität des Trainings angeht. Nachdem ich nun ein solches Fußball-Camp erlebt habe, muss ich sagen, dass ich sehr positiv überrascht von den Inhalten und der Art der Vermittlung war. 

Das Fußball-Camp wurde veranstaltet von einem großen Anbieter. Die 29 teilnehmenden Spieler waren zwischen 6 Jahre (F-Jugend) und 14 Jahre (C-Jugend) alt, mit einem Schwerpunkt in der E-Jugend. Jeder erhielt bei der Anmeldung Ball, Trinkflasche, Trikot, Hose und Stutzen. Dafür durfte er etwa 130 Euro für drei Tage investieren (bzw. seine Eltern). Es waren zwei „Cheftrainer“ (einer davon ich) vom Veranstalter sowie drei Jugendtrainer vom gastgebenden Verein anwesend, die ebenfalls gecoacht werden sollten.

Zuerst einmal musste ich lernen, dass ein Fußball-Camp verdammt viel Arbeit bedeutet. Trainingsstationen müssen aufgebaut werden, Zelte errichtet, Treffpunkte auf dem Platz mit Fahnen markiert und Essen und Trinken bereitgestellt werden. Letzteres macht der gastgebende Verein, der dafür eine Pro-Kopf-Pauschale vom Veranstalter erhält.

Nun zum Wichtigsten bei einem Fußball-Camp: dem Fußballtraining. Die drei Tage (Freitagnachmittag bis Sonntagabend) waren straff durchgetaktet und mit vielen fußballerischen Inhalten gefüllt. Zentral war an jedem Tag ein Stationentraining (2-2,5 Stunden) mit verschiedenen Technikschwerpunkten. Fast alle Stationen des Stationentrainings waren aufgeteilt in eine Übungs-/Lernphase und eine Wettkampfphase, in der die Spieler Punkte machen konnten. Zwischen den Stationen wurden immer wieder Trink- und Essenspausen eingelegt, um die Konzentrationsfähigkeit der Kinder nicht überzustrapazieren.

Fußball-Camp Tag 1: Techniktraining

Aufwärmen:

Aerobic, Stabilisationstraining, Ballschule, Lauf-ABC, Teambuilding und das alles zum lauten Wummern der Musikanlage. Hat seinen Zweck hervorragend erfüllt: Wer danach nicht warm war, der hat etwas falsch gemacht.

Dribbling-/Slalomparcours mit Zeitnahme:

Ein schöner Wettbewerb, der den Kindern viel Spaß macht und für die nötige Motivation sorgt. Die Kinder müssen um Stangen dribbeln, den Ball unter Hürden durchspielen und selbst über Hürden springen und das natürlich möglichst schnell.

Kopfballtraining:

Einige kleinere Übungen, die zum Kopfballspiel hinführen (Partnerübung), die Sprungkraft und die Koordination spielerisch schulen (Kopfballpendel im Tor) und auch die Präzision verbessern (Kopfball nach Zuwurf).

Flankentraining (Innenspann, schräger Vollspann):

Hier war die Aufgabe, mit dem Innenspann oder schrägen Vollspann den Ball per Flugball in einen Korb (2x2m) zu schießen. Schult die Flankentechnik und das Auge.

Passstaffel und Zielschießen:

Einfache Passstaffel (einfach und Doppelpass) mit Nachlaufen, gefolgt von einer Zielübung, bei der es darum ging, Hütchen mit der richtigen Technik (Innenseite, flach) umzuschießen.

Dribblingtechniken und Koordination:

Freie Übungen im abgegrenzten Feld. Nach Trainervorgabe wird mit beiden Beinen gedribbelt und jongliert. Ergänzend koordinative Zusatzaufgaben (Bewegungsarten, Ball hochspielen etc.) und Partnerübungen.

Torschuss nach Ballmitnahme aus dem Lauf:

Nach einem Anspiel auf den Trainer und einem kleinen Koordinationsparcours nehmen die Kinder den zugespielten oder zugeworfenen Ball vom Trainer mit und schließen nach Vorgabe auf das Jugendtor ab (mit oder ohne Torhüter).

Nach etwa 3 Stunden Stationentraining war der erste Tag des Fußball-Camps beendet.

Fußball-Camp Tag 2: noch mehr Techniktraining und ein Mini-Turnier

Der Vormittag des zweiten Tages begann wie Tag 1 mit einer musikalischen Aufwärmmischung aus Dehnung, Aerobic, Stabilisationstraining und Koordinationsübungen. Die Brasilianer hätten ihren Spaß gehabt. :-)

Ein erneutes Stationentraining mit sechs Stationen gab den Spielern wieder die Möglichkeit, an ihren individuellen technischen Fähigkeiten zu feilen:

Seitfallzieher/Hüftdrehstoß:

Zuerst einige leichte Vorübungen am Pendelball und dann gings in den Torabschluss nach eigenem Zuwurf bzw. Vorlage durch den Trainer. Ziel: genaue Technikausführung und präziser Abschluss auf das Tor. natürlich muss man hier bei F-Jugend-Spielern Abstriche machen, was die Ausführung angeht, aber auch ihnen macht es großen Spaß, sich so richtig in den Ball zu werfen.

Koordinations- und Passwettbewerb:

Zwei Mannschaften mussten im Wettbewerb verschiedene Koordinationsübungen und Passaufgaben ausführen.

Mini-Fußball bzw. 1 gegen 1 bis 5 gegen 5:

Nacheinander spielten zwei Mannschaften 1 gegen 1, 2 gegen 2 und so weiter bis zum 5 gegen 5. Hier wurden einige individualtaktische (1 gegen 1-Verhalten, Freilaufen) und gruppentaktische Grundlagen (Breit machen, ansatzweise Staffelung) gecoacht. Dabei sah man sehr schnell, dass auch die Kleinsten solche Dinge schon teilweise verstehen und  die taktischen Grundlagen des Zusammenspiels umsetzen können.

Dribbling und Torabschluss:

Spricht für sich selbst.

Doppelpass mit Torabschluss:

Hier wurde der Schwerpunkt nicht auf den gruppentaktischen Aspekt des Doppelpasses, sondern auf die richtige Technik und das individualtaktische Verhalten (kurz kommen, blocken etc.) gelegt. Trainiert wurde der Doppelpass nach Tiefenstaffelung (Ablage per Querpass) und eher seitlicher Staffelung (Pass in die Tiefe).

Passspiel in der Gruppe (Aufmerksamkeit und Teambuilding):

Eine eigentlich einfache Übung, deren Ziel es im ersten Durchgang war, dass jeder Spieler (im Kreis aufgestellt) einmal angespielt wird und sich jeder merkt, von wem er den Ball erhalten hat und wem er ihn zugespielt hat. Danach wurde die Übung intensiviert, indem ein weiterer Ball dazugenommen wurde und das Tempo erhöht.

Mini-Turnier und Elfmeterkönig:

Am Nachmittag des zweiten Tages dieses Fußball-Camps spielten die Kinder ein Mini-Turnier mit – bzgl. der Altersklassen – gemischten Mannschaften. Sehr interessant war dabei, dass die älteren in den gemischten Teams bereitwillig die Verantwortung übernahmen und gleichzeitig trotz der im Vergleich geringeren Fähigkeiten der Kleinen sehr geduldig waren.

Zum Abschluss folgte eine Runde Elfmeterkönig, ein Spiel, das seit jeher an Spannung und Dramatik nicht zu überbieten ist.

Fußball-Camp Tag 3: Stationentraining und Einsatz der Eltern

An Tag 3 wurden wieder sechs Stationen durchgeführt, die leicht abgewandelte Versionen der Stationen der ersten beiden Camp-Tage waren. Das klingt auf den ersten Blick nach Einfallslosigkeit, bei genauerem Hinsehen macht es aber sehr viel Sinn: die Kinder konnten neu Gelerntes wiederholen und für die Trainer war es interessant und beeindruckend zu sehen, welche Fortschritte die Spieler nach zwei Tagen Fußball-Camp gemacht haben. Die Stationen wurden am Vormittag von den Kindern alleine, am Nachmittag dann von Eltern (Geschwistern) und Kindern gegeneinander im Wettbewerb durchgespielt.

Eine schöne Idee, die Familien in das Fußball-Camp einzubeziehen. Umso erfreulicher, dass dieser Teil des Camps auch wirklich regen Anklang fand. Mütter, die in ihrem Leben noch niemals gegen einen Ball getreten haben waren ebenso im Einsatz wie Väter, die als aktive Fußballer noch voll im Saft stehen und ihren Kindern einiges an Tricks zeigen konnten.

Nach einem Abschlussspiel der einzelnen Altersklassen gegen die zugehörige Elternmannschaft schloss das Fußball-Camp mit einer Siegerehrung für die punktbesten Spieler der Einzelwettbewerbe und einer Medaillen- bzw. Pokalübergabe an alle Teilnehmer.

Fazit meines ersten Fußball-Camps:

  • sehr anstrengend für Spieler und Trainer
  • dennoch großer Lernerfolg im technischen Bereich (über alle Altersklassen)
  • niemals langweilig, immer abwechslungsreich und spaßig

Ein Fußball-Camp auf dem eigenen Gelände ist auf jeden Fall empfehlenswert für Vereine, die ihren Spielern eine Freizeitbeschäftigung in den Ferien oder am Wochenende bieten und gleichzeitig für ein positives Bild in der Öffentlichkeit (vor allem bei ggf. interessierten Spielern und Eltern) sorgen möchten. Darüber hinaus lernen die eigenen Trainer neue Übungen kennen und kriegen auch Coachingtipps. Das Gelernte können sie direkt im nächsten Training ihrer Mannschaft umsetzen.

Das alles gilt natürlich nur unter der Voraussetzung, dass im Verein genügend engagierte Leute vorhanden sind, die sich drei Tage um das Drumherum kümmern und so gute Rahmenbedingungen für Spieler und Trainer schaffen.