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Spielaufbau im Fußball: Grundlagen und Prinzipien

Der kontrollierte Spielaufbau ist eins der schwierigsten Elemente des Fußballs. Denn beim Spielaufbau muss man in vielen Fällen für relativ wenig Ertrag einen großen läuferischen Aufwand im Spiel und einen großen zeitlichen Aufwand im Training betreiben.

Grundsätzlich ist es im Spielaufbau wichtig, dass man Druck auf den Gegner aufbaut indem die eigenen Spieler (oft die Innenverteidiger) zunächst raumübergreifend Dribbeln (d. h. den nächsten Gegner andribbeln oder in den freien Raum dribbeln). Dadurch kann schon ein erster Ballgewinn erzielt und eine nicht geplante Aktion der gegnerischen Mannschaft (zu frühes Herausrücken aus dem Abwehrverbund, etc.)  provoziert werden. Diese kann man dann in eine Überzahlsituation verwandeln. Voraussetzung hierfür sind ballsichere und selbstbewusste Innenverteidiger.

Das entschlossene Andribbeln ist so wichtig, dass es als grundlegende taktische Verhaltensweise schon früh vermittelt werden sollte (E-Jugend). Wir gehen im Folgenden davon aus, dass der Gegner ballorientiert verteidigt und Pressing spielt. Der Spielaufbau im Fußball lässt sich grob danach einteilen, ob man durchs Zentrum oder über Außen sein Spiel aufbaut. 

Prinzipien im Spielaufbau

  1. Überzahlsituationen suchen, indem einzelne Räume mit mehr Spielern besetzt werden (z. B. am Flügel oder über einen Mittelfeldspieler, der sich nach hinten fallen lässt)
  2. Tiefe (vom eigenen Strafraum / Fünfmeterraum bis zur Abseitslinie) und Breite (Außenlinien besetzen) des Spielfeldes nutzen.
  3. Gegner locken, um seine Formation auf eine Seite zu ziehen (ballnahe Seite)
  4. Schnell verlagern, um offene Räume zu finden und zu nutzen (ballferne Seite)

Spielaufbau funktioniert nur, wenn Ballkontrolle (Passen und Ballmitnahme), Orientierung / Freilaufen, Schnelligkeit (bei Orientierung und Ballkontrolle) und Positionierung (Raumnutzung) zusammenwirken. Das ist im Training über Wochen und Monate, wenn nicht Jahre, zu erarbeiten.

Spielaufbau in die Verschiebebewegung des Gegners

Spielt man über Außen, so kann man über die ballnahe Seite spielen oder über die ballferne. Ballnah bedeutet, dass die verteidigende Mannschaft auf die Ballseite verschiebt bzw. schon in dieser Verschiebebewegung ist. Ballfern heißt, dass man über eine schnelle Verlagerung versucht, genau diese Verschiebebewegung taktisch auszuhebeln.

Spielt man in die Verschiebebewegung des Gegners, so hat man Zeit- und Gegnerdruck, man hat es also zunächst schwerer, zu kombinieren. Das kann man aber durchaus nutzen, um den Gegner noch stärker auf eine Seite zu locken oder sein Pressing gezielt zu überspielen. Siehe hierzu auch den Artikel Spielaufbau im Fußball – Strategien gegen Mittelfeldpressing.

Spielt man klassisch über die Außenverteidiger, so kann es sinnvoll sein, dass diese nicht ganz auf der Außenlinie, sondern eher auf der Halbposition spielen (Gegnerformation beachten). So haben sie bei Ballbesitz wahrscheinlich mehr Passoptionen (nach Außen und Innen).

Spielaufbau in die Verschiebebewegung des Gegners
Spielaufbau in die Verschiebebewegung des Gegners

Spielaufbau gegen die Verschiebebewegung des Gegners (Spielverlagerung)

Spielt man gegen die Verschiebebewegung, so hat man temporär mehr Raum und weniger Gegnerdruck. Der Zeitruck ist allerdings auch hoch. Denn man muss die situative Gleich- oder sogar Überzahl schnell und zielstrebig ausnutzen. Voraussetzung ist hier, dass man die einleitende Spielverlagerung schnell, druckvoll und sicher spielen kann.

Die eigenen Spieler müssen druckvolle Kurzpässe und genaue gezogene Flugbälle spielen können, idealerweise mit beiden Füßen (Achtung: hohe Kunst!). Ein Ausbilder von mir hat die schnelle Spielverlagerung einmal als „Königsweg des Spielaufbaus gegen ballorientierte Verteidigungssysteme“ bezeichnet.

Spielaufbau gegen die Verschiebebewegung des Gegners
Spielaufbau gegen die Verschiebebewegung des Gegners

Spielaufbau über das Zentrum

Beim Spielaufbau über das Zentrum kommt es vor allem auf schnelles Passpiel und gute Ballkontrolle mit Gegner im Rücken an. Oft haben die angespielten Spieler nicht die Möglichkeit, sofort aufzudrehen. Schnelle Positionswechsel und explosives Freilaufen sind essentiell. Auch einen gute Staffelung der Mannschaft in Breite und Tiefe ist notwendig, damit sich durch die Positionswechsel auch freie Räume ergeben.

Die besondere Rolle der Innenverteidiger beim Spielaufbau über das Zentrum habe ich schon im Artikel Der vertikale und spielende Innenverteidiger herausgearbeitet. Häufig gespielte Varianten sind Steil-Klatsch-Spielzüge aus der Abwehr in die vordere Mittelfeldreihe oder auf die Angreifer (Borussia Mönchengladbach hat diese Spielzüge unter Favre perfekt umgesetzt).

Eine beliebte Form des Spielaufbaus über das Zentrum ist der lange Ball in die Spitze (siehe „Kick and Rush„), der natürlich nur gelingt, wenn hier Spieler spielen, die einen solchen Ball verarbeiten, behaupten und ablegen können. Diese Variante eignet sich aber, um gegnerisches Pressing zu überspielen bzw. defensive Stärken des Gegners im Mittelfeld nicht zur Geltung kommen zu lassen. Allerdings sind die herausgespielten Torchancen oft dem Zufall geschuldet.

Spielaufbau über Außen

Außenverteidiger, wenn Gegner sehr stark im Zentrum steht und dadurch keine Passwege vorhanden sind. So muss zwangsläufig Raum auf Außen vorhanden sein und man hat die Möglichkeit zum Flügelspiel. Das ist abhängig von Formation und Spielsystem des Gegners.

Durch hoch stehende Außenverteidiger schafft man es – wenn man schnell genug spielt – auf dem Flügel eine Überzahl zu erreichen. Das kallpt insbesondere dann wenn sich ein Sechser zwischen die Innenverteidiger fallen lässt und die Außenverteidiger darum noch weiter hoch schieben können (bessere Absicherung im äußeren Defensivraum durch breiter stehende Innenverteidiger).

Oft funktioniert auch das Abkippen des ballfernen Sechsers in den Raum am Flügel, um hier eine Überzahl herzustellen. Bei sehr passtarken Innenverteidigern und explosiven Flügelspielern bietet sich oft auch ein Ball auf die Halbposition (4-4-2 Raute, 4-2-3-1-System) bzw. nach Innen ziehende Außenstürmer (4-3-3) an.

Der Spielaufbau über den Außenverteidiger nur nach schneller Verlagerung verspricht mehr Erfolg, wenn die Spielfortsetzung dann nicht am Flügel erfolgt, sondern über die Spitzen oder das offensive Zentrum. Der Ball im Zentrum ist nicht  so leicht zu verteidigen, da innen mehr Optionen bestehen. Das entspricht im Grunde erneut einem Passspiel gegen die Laufrichtung der zuschiebenden Mannschaft (nach Außen, dann wieder nach Innen)! So hält man den Gegner in Bewegung, dadurch ergeben sich immer wieder Räume zur Spielfortsetzung.