Die Individualtaktik beim Verteidigen ist komplex und schwer zu erlernen. Deshalb muss man als Trainerin oder Trainer viel Zeit dafür aufwenden, es seinen Spielerinnen und Spielern im Training zu vermitteln. Nur so entwickeln sie über die Jahre Zweikampfstärke und -geschick.
Inhalt
Ziele beim Verteidigen
Ein gutes Defensivspiel verfolgt mehrere Ziele:
- Tor verhindern: Die wichtigste Aufgabe des Verteidigers ist es, Gegentore zu vermeiden.
- Verzögern und Zeit gewinnen: Manchmal reicht es nicht, sofort den Ball zu erobern. Es geht auch darum, das Angriffstempo des Gegners zu stören und Zeit für die eigene Defensive zu gewinnen.
- Ballgewinn: Das ultimative Ziel eines jeden Verteidigers ist es, den Ball zurückzuerobern und den eigenen Angriff einzuleiten.
- Gegenangriff einleiten: Ein erfolgreiches Verteidigen endet oft mit einem schnellen Umschaltspiel, bei dem aus einer Abwehraktion eine gefährliche Torchance für das eigene Team entstehen kann.

Warum ist Verteidigen so wichtig?
Wer verteidigen kann, gibt dem Team Stabilität, reduziert Gegentore und schafft die Grundlage für erfolgreiche Umschaltmomente, d.h. Gegenangriffe. Doch Verteidigen ist mehr als nur das bloße Stoppen eines Angriffs – es ist eine Kunst, die Disziplin, Technik, Antizipation und taktisches Verständnis erfordert. Vor allem die Individualtaktik sollte schon im Kinder- und Jugendbereich geschult und immer wieder gefordert werden, um gut ausgebildete Spielerinnen und Spieler zu haben. Das gilt im Übrigen auch für Offensivspieler. Denn man braucht beispielsweise für hohes Pressing eine gute Individualtaktik beim Verteidigen.
Im Folgenden ein paar Grundregeln beim Verteidigen, die beachtet und geschult werden müssen:
Grundregeln beim Verteidigen:
Wer greift an? – Meistens der ballnächste Spieler
Sobald der Gegner im Ballbesitz ist, stellt sich die Frage: Wer greift zuerst an? Hier gilt oft die Grundregel: Der Spieler, der dem Ball am nächsten ist, greift an. Dabei ist es entscheidend, dass der Verteidiger nicht überhastet attackiert, sondern die Kontrolle behält und den Angreifer in eine bestimmte Richtung lenkt. Ein zu aggressives Vorgehen kann dazu führen, dass der Verteidiger mit einer geschickten Körpertäuschung leicht überspielt wird. Trotzdem sollte der Gegner so weit wie möglich entfernt vom eigenen Tor attackiert werden. Ausnahmen kann es hier geben, wenn man zunächst in eine kompakte Formation zurückfallen muss oder möchte, bevor man beginnt, den Gegner unter Druck zu setzen.
Anlaufen und rechtzeitig stoppen
Ein häufig gemachter Fehler im Zweikampf ist das unkontrollierte Anlaufen. Anstatt überhastet auf den Gegenspieler zuzulaufen, sollte der Verteidiger das Tempo kontrollieren und den richtigen Moment zum Stoppen finden. Dies verhindert, dass der Gegner den Verteidiger leicht ausspielen kann. Besonders wichtig ist es, den Körperschwerpunkt tief zu halten, um schnell reagieren zu können. Gleichzeitig sollte der Verteidiger den Abstand zum Gegner nicht zu groß lassen, da dieser sonst die Möglichkeit hat, ungestört zu passen oder zu schießen.
Die richtige Körperhaltung: Seitliche Stellung und Tempo aufnehmen
Eine seitliche Stellung gibt dem Verteidiger mehr Kontrolle über das Geschehen. Indem er sich leicht schräg zum Gegner positioniert, kann er bestimmen, in welche Richtung der Angreifer gedrängt wird. Durch geschicktes Tempoaufnehmen kann der Verteidiger den Gegner in eine gewünschte Richtung lenken und dessen Bewegungsfreiheit einschränken. Ein häufiges Ziel ist es, den Angreifer nach außen zu lenken, wo die Gefahr für das eigene Tor geringer ist.
Fußstellung in Richtung eigenes Tor
Die Fußstellung ist dabei ein wichtiger Faktor beim Verteidigen. Die Füße sollten leicht in Richtung des eigenen Tores zeigen, um schneller reagieren zu können und nicht durch einfache Richtungswechsel ausgespielt zu werden. Gleichzeitig ermöglicht eine stabile Fußstellung eine bessere Kontrolle über das eigene Gleichgewicht, was besonders bei schnellen Richtungsänderungen wichtig ist.
Abwehrfinte mit dem gegnernahen Fuß
Eine effektive Technik, um den Gegner zu verunsichern, ist die Abwehrfinte. Hierbei wird mit dem gegnernahen Fuß ein kurzes Täuschungsmanöver durchgeführt, um den Angreifer aus dem Rhythmus zu bringen und ihn zu einer unvorteilhaften Bewegung zu zwingen. Diese Technik kann auch genutzt werden, um einen Ballgewinn vorzubereiten oder den Gegner zu einer riskanten Aktion zu verleiten. Macht der Gegner eine für ihn ungünstige Bewegung, steigt die Chance auf den Ballgewinn.
Angreifen: Körper vor den Ball bringen
Wer den Ball erobern will, muss seinen Körper geschickt einsetzen. Der Ballgewinn geschieht mit Schulter und Hüfte, meist nicht mit dem Fuß. Dabei gilt: Eine gute Balance zwischen Aggressivität und Kontrolle ist hier entscheidend.
Schulter und Hüfte einsetzen (von unten nach oben)
Ein effektiver Einsatz von Schulter und Hüfte kann helfen, den Gegner vom Ball zu trennen. Die Bewegung sollte dabei von unten nach oben erfolgen (ähnlich Ringen oder Rugby), um den Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen. Eine eigene tiefe Körperhaltung sorgt für Stabilität.
Doppeln – Verteidigen zu zweit
Oft reicht ein einzelner Verteidiger nicht aus, um einen Angreifer zu stoppen. In diesen Situationen ist das „Doppeln“ eine wichtige Taktik. Dabei übernimmt ein Verteidiger das direkte Duell, während der zweite absichert und bereitsteht, um den Ball zu erobern. Die Kommunikation zwischen beiden Spielern ist dabei entscheidend, um die beste Vorgehensweise abzustimmen und dem Gegner keinen “Fluchtweg” zu bieten.
Verteidiger sollten versuchen, den Gegner bewusst in eine Richtung zu lenken – idealerweise zu den Seitenlinien oder in eine Zone, in der mehr Verteidiger bereitstehen. Durch kluges Stellungsspiel kann so der Angriff des Gegners entschärft werden. Eine gute Abstimmung mit den Mitspielern ist hier ebenfalls wichtig, um sicherzustellen, dass die gewünschte Defensivstrategie umgesetzt wird.
Während ein Verteidiger den Gegner unter Druck setzt, muss der zweite Spieler in der Absicherung bleiben. Erst wenn sich eine klare Gelegenheit ergibt, kann er aktiv angreifen und den Ball erobern. Hierbei ist ein gutes Timing entscheidend, um den Ball präzise zu gewinnen und nicht zu riskieren, dass der Gegner eine Lücke erkennt und sich befreien kann.
Weitere wichtige Verhaltensweisen beim Verteidigen
- Nicht wegdrehen: Wer sich abwendet, verliert den Überblick und gibt dem Gegner die Möglichkeit, ungehindert durchzubrechen.
- Schnelle Füße: Agilität und schnelle Beinbewegungen sind entscheidend, um flexibel auf Dribblings und Richtungswechsel reagieren zu können.
- Körperkontakt vermeiden – akzeptieren – suchen: Manchmal ist Körperkontakt unvermeidbar. Verteidiger müssen lernen, diesen richtig einzusetzen – weder zu zaghaft noch zu aggressiv.