Fragt man einen Vereinsvorstand im unteren Amateurbereich nach seiner Einstellung zum Thema eigene Jugend und den Jugend-Fußball im eigenen Verein, dann ist die Antwort meistens: „Das ist unsere Zukunft!“ oder „Wir setzen auf die Jugend!“ und „Wir wollen möglichst viele Spieler an die erste Mannschaft heranführen!“
Bohrt man dann aber ein bisschen weiter, was denn tatsächlich für die Jugend getan wird, dann sieht es relativ schnell ziemlich mau aus. Aber das scheint ja auch ein gesamtgesellschaftliches Phänomen zu sein. Zurück zum Fußball…
Lieber nehmen viele Vereine im Monat mehrere Hundert Euro in die Hand, um einen 38-jährigen ehemaligen Verbandsligaspieler für die erste Mannschaft in der Kreisklasse A zu verpflichten, als einfach das Geld zu nehmen und der Jugendabteilung zur Verfügung zu stellen.
Langfristig betrachtet könnte dieses Geld, sinnvoll eingesetzt, in einer Jugend-Abteilung sehr viel Gutes bewirken (Ausrüstung, Trainingsmaterial, Ausflüge, Trainergehälter, etc.).
Ausbildung zahlt sich aus – gerade für kleine Vereine
Durch konzeptionelle Jugendarbeit kann man sich einen sehr guten Stamm von Spielern schaffen, die erfolgreich alle Jugendmannschaften durchlaufen und dann in der zweiten oder ersten Mannschaft spielen. Und diese Eigengewächse stärken auch ganz eindeutig die Identifikation mit dem Verein im Ort/Stadtteil.
Gelingt es anfangs, im Grundlagenbereich eine gute Basis an Fähigkeiten zu entwickeln, sind alle folgenden Ausbildungsstufen leichter (fußballerisch gesehen). Gutes Training sorgt mittelfristig dafür, dass mehr interessierte und vielleicht sogar talentierte Spieler in den Verein kommen.
Dazu gehört von Vereinsseite, sich zusätzlich durch geschickte PR- und Marketing-Aktivitäten ein Image als Ausbildungsverein im Jugend-Fußball aufzubauen. Das Leistungsniveau ist hier erst einmal noch nicht so wichtig (man kann auch in der untersten Liga gut ausbilden). Und ein gutes Image sorgt wofür? – Sponsoren und Gönner!
Und nicht zu vernachlässigen ist ebenso, dass sich mit ziemlicher Sicherheit auch sportlicher Erfolg einstellen wird. Aber eben erst mittel- bis langfristig, da zunächst die Ausbildung im Vordergrund steht. Und selbst wenn alle Spitzenspieler zu besseren Vereinen wechseln, werden wahrscheinlich noch genügend gute Spieler nachkommen bzw. erhalten bleiben. Und das umso mehr, je besser im Grundlagenbereich in der Breite ausgebildet wird.
Am Anfang steht ein klares, schriftlich festgehaltenes und für alle gültiges Ausbildungs- und Trainingskonzept, das den Anforderungen altersgerechten Trainings genügt. Das sollte auch allgemeine Verhaltensregeln für Trainer, Spieler und Eltern enthalten, um eine Orientierung für den sozialen Umgang miteinander zu bieten.
Jugend-Trainer – eine Investition in die Zukunft
„Trainergehalt im Jugend- bzw. Kinderbereich? – Das ist doch ein Ehrenamt!“ – Na klar, das hört n immer. Das liegt aber nur an der – meiner Ansicht nach falsch verstandenen – Tradition. In einer Kreisklasse zu kicken ist auch Breitensport, der nicht bezahlt werden dürfte. Insofern liegt hier ein krasses Missverhältnis vor. Ein guter Trainer (am besten mit angemessenem Trainerschein) für den Grundlagenbereich ist für einen Verein von großem Wert, denn er schafft es,
- Spieler langfristig für den Fußball zu begeistern
- ihnen allgemein Spaß am Sport zu vermitteln
- sie sportlich und sozial weiterzuentwickeln und
- den Verein nach Außen hin positiv zu repräsentieren.
Und, denkt man aus Vereinssicht mal realistisch darüber nach, ist es eigentlich kein Problem, über 8-10 Jahre (E- bis A-Jugend) einen Spieler auszubilden, der erfolgreich in einer Kreisklasse oder Kreisliga spielen kann. Aber dazu gehören Trainer, die wenigstens grob wissen, was sie da machen. Und diese Trainer sollten auch finanziell entlohnt werden, zumal sie in den allermeisten Fällen mit hohem persönlichen Engagement und viel Herzblut bei der Sache sind.
Das Problem der (zu) geringen Anerkennung der Jugend-Trainer
Trotz der herausragenden Bedeutung des Grundlagentrainings haben die Trainer bei den Kleinen gemeinhin das geringste Ansehen („Kindergärtner“, „Spieleonkel“, usw.). Immer wieder hört man gleichzeitig die Forderung „Die besten Trainer in den Grundlagenbereich.“ Das hätte sicherlich eine Vielzahl von positiven Effekten. Aber solange es nicht attraktiv genug ist (sowohl finanziell als auch im Bezug auf das Ansehen im Verein und die Arbeitsbedingungen), wird sich hier wenig tun.
Also muss man, wenn man als Verein hier wirklich etwas ändern möchte, bessere Rahmenbedingungen für den Jugend-Fußball schaffen (ggf. auf Kosten der Seniorenabteilung) und eine hohe Wertschätzung für die Jugend-Trainer, egal welcher Altersklasse, vorleben. Viel hilft hier ein kompetenter Jugendleiter oder -koordinator, der ein offenes Ohr für die Trainer hat, ihre Anliegen ernstnimmt und es schafft, sie gegenüber der Vereinsführung zu vertreten. Und zusätzlich sollte es eben so sein, dass Jugendtrainer (auch in der F-Jugend) nicht auch noch drauflegen müssen bei ihrer Tätigkeit.
Die Vereine sind nicht an allem schuld
Eine kritische Anmerkung noch zum Schluss: Es gibt auch noch genügend schlechte Trainer, die ihr eigenes Ding machen, unbeeindruckt von pädagogischen und sportwissenschaftlichen Erkenntnissen. Es werden immer weniger, aber es gibt sie noch. Häufig lässt man sie gewähren, weil man froh ist, dass überhaupt jemand den Job macht.
Und oft handeln sie nicht aus böser Absicht, das macht es aber auch nicht wirklich entscheidend besser. Sobald ein Verein sich einmal dazu durchgerungen hat, seine Aktivitäten im Jugend-Fußball durch konzeptionelle Ausbildungsarbeit aufzuwerten, wird sich dieses Problem wahrscheinlich sehr schnell erledigen.
Ein paar Euro, die nicht irgendwelchen Kreisklassen-Söldnern in den Rachen geworfen werden und stattdessen in die Fußball-Jugend gesteckt werden, sind schon ein sehr guter Schritt. Es bleibt zu wünschen, dass immer mehr kleine Vereine die Chance erkennen, die ein Umdenken für ihre Zukunft birgt. Es hört sich wie ein radikaler Schritt an, aber eigentlich ist es eine allzu logische Kleinigkeit, die sich auszahlen wird.