Praxiserprobte Trainingsübungen in Spielform (mit Gegner) zum schnellen Umschalten zwischen Angriff und Abwehr und umgekehrt. Dabei ist das Ziel der Trainingsübungen die Schulung von Aufmerksamkeit, Konzentration und Handlungsschnelligkeit.
Denn im Zentrum des schnellen Umschaltens steht die individuelle schnelle Reaktion der Spieler auf die geänderte Spielsituation („wach sein“). Die Übungen sind ab der C-Jugend sehr gut umsetzbar, die ein oder andere auch ab der D-Jugend. In einem anderen Artikel beschäftige ich mit mit dem schnellen Umschalten im Taktiktraining.
Schnelles Umschalten im 4+4 gegen 4+4 im doppelten Strafraum
Zwei Mannschaften spielen 4 gegen 4 mit jeweils 4 Außenspielern (2 neben dem gegnerischen Tor und 2 seitlich) in der gegnerischen Spielfeldhälfte. Im Feld wird mit 3 Kontakten gespielt, die Außenspieler spielen direkt oder mit zwei Kontakten (je nach Leistungsniveau). Diese Trainingsübung schult schnelles Umschalten zwischen Angriff und Abwehr, weil im Grunde jeder Ballgewinn sofort von einem Torschuss gefolgt werden kann. Es gibt viele Torabschlüsse in der Nahzone (10-15m), was sehr spielnah ist.
Außerdem ist die schnelle Reaktion auf Flanken und Querpässe aus verschiedenen Positionen notwendig. Auch von den Außenspielern erfordert die Übungen eine hohe Aufmerksamkeit, da sie nur wenige Ballkontakte haben. Diese Form kann auch abgewandelt werden, so dass nur Anspieler an den Seiten vorhanden sind („…weil ja im Spiel auch keine Pässe von neben dem Tor kommen…“).
Der eigene Torhüter kann, wenn er den Ball hat, direkt nach vorne abwerfen (auch auf die Außenspieler), sodass auch beim Torwart ein schnelles Umschalten mit Erkennen der Spielsituation notwendig ist.
Sehr gut geeignet ist diese Trainingsübung auch zur fußballspezifischen Ausdauerschulung (4 mal 4 Minuten Intervall-Training), am besten als 4 gegen 4-Turnier gestaltet.
Schnelles Umschalten im 10:5, 8:4 oder 6:3 mit drei Mannschaften
Feldgröße: 50×25 m², 40×20 m² oder 30×15 m²
Bei dieser Trainingsübung spielt man mit drei Mannschaften, jeweils zwei Mannschaften spielen gemeinsam gegen die dritte. Die Teams in Überzahl spielen auf Ballhalten (1-3 Kontakte pro Spieler) und zählen Ihre erfolgreichen Pässe im Team. Für 10 erfolgreiche Pässe erhält das Unterzahlteam einen Strafpunkt. Am Ende der Spielzeit gewinnt das Team mit den wenigsten Punkten. Die Punkteregelung sorgt dafür, dass Motivation und Tempo über die ganze Spielzeit gehalten werden.
Machen die Überzahlteams einen Fehler (Ballverlust oder Ausball) wird das Team, das den Fehler gemacht hat, zum Unterzahlteam, das Spiel geht sofort ohne Unterbrechung weiter, sodass die Spieler keine Pause haben und aufmerksam bleiben müssen. Das neue Unterzahlteam sollte sofort wieder pressen/attackieren (im Kollektiv). Die Überzahlteams müssen so schnell wie möglich die Räume besetzen/auffächern.
Bei dieser Trainingsübung sind (wie eigentlich immer) eine hohe Qualität im Passspiel, frühe Orientierung im Raum (Kopf oben haben), hohe Aggressivität in der Defensive, Raumausnutzung (breit und tief) und ein hohes Spieltempo entscheidende Coachingpunkte.
Varianten:
Verteidiger wechseln erst nach drei Ballgewinnen nach draußen, dadurch ist aber der Aspekt des schnellen Umschaltens etwas weniger wichtig und die Betonung liegt eher auf dem Pressing bzw. dem sicheren Ballhalten.
Unterzahlmannschaft spielt nach Ballgewinn zuerst noch einen Ball auf Ballhalten (ohne Kontaktbegrenzung), den die Überzahlteams erst gewinnen müssen, bevor die Defensivmannschaft wechselt.
In der Überzahlmannschaft mit Pflichtkontakten agieren, um die Ballmitnahme zu schulen.
Spielform 8:6 + 2 mit Spielverlagerung und Nachrücken in einer Spielfeldhälfte
Zwei Achtermannschaften spielen in eine halben Spielfeldhälfte (50*30m) 8 gegen 6, zwei Spieler der Unterzahlmannschaft (+2) in der anderen Hälfte der Spielfeldhälfte. Gewinnt die Unterzahlmannschaft den Ball, so verlagert sie kontrolliert in die andere Hälfte und rückt nach. Von der anderen Mannschaft rücken sechs Spieler nach und versuchen, den Ball zu erobern und wieder zu verlagern.
Idealerweise spielt man hier mit einer Kontaktbegrenzung für die Mannschaft in Überzahl. Zusätzlich kann über eine Punktewertung (10 Kontakte im Team o.ä.) die Motivation erhöht werden.
Diese Trainingsübung ist auch mit anderen Zahlenverhältnissen möglich, bei zwei Spielern Überzahl ist sie nach meiner Erfahrung recht ausgewogen (bei gleichstarken Teams, B- und A-Jugend).
Schnelles Umschalten im 6:6 bis 8:8 auf 6 Passtore mit Änderung der Spielrichtung bei Torerfolg
Diese Trainingsform kann man auf einem 30×60 m²-Feld spielen (breites, kurzes Feld). Es wird früh attackiert, da das Feld sehr wenig Tiefe hat. Die Angreifer haben das Ziel, einen durch die Passtore gespielten Ball innerhalb einer 8m-Zone zu erlaufen. Bei erlaufenem Pass kann die Mannschaft in Ballbesitz direkt in die andere Richtung angreifen, sodass die Verteidiger sich auch schnell umorientieren müssen.
Das schnelle Umschalten muss also auch eine schnelle Neuorientierung im Raum und am Gegner nach sich ziehen. Diese Trainingsübung kann gut zur Ausdauerschulung eingesetzt werden (je nach Spielzeit und Spielfeldgröße). Im Idealfall spielt man in der Mittelfeldpressingzone (spielgemäßer Raum). Die Spieler sind positionsgemäß aufgestellt (z.B. Viererkette und 2 Sechser gegen 4er-Mittelfeld und 2 Stürmer).
Spielform auf 2 Großtore und 2 Kleintore mit Wechsel der Spielrichtung (7 gegen 7 bis 11 gegen 11)
Spielfeld: Eine Spielfeldhälfte, Kleintore auf den Seitenlinien
Bei Torerfolg oder nach einer festgelegten Zeit wechselt das Spiel die Richtung (Spielrichtung um 90° gedreht). Die Torhüter in den Großtoren spielen als neutrale Anspieler mit, die Mannschaften greifen jetzt auf die Kleintore an. Es entstehen andere Spielsituationen als beim Spiel auf die beiden Großtore. Hier kann zusätzlich auch eine Umkehr der Spielrichtung bei bestimmten Situationen eingebaut werden.
1 gegen 1 bis 4 gegen 4 auf 2 Großtore mit Torhüter im doppelten Strafraum
Die Spieler in zwei Mannschaften einteilen, die gegeneinander Spielen. Die jeweils aktiven Spieler starten neben ihrem eigenen Tor (1. Ball von gegnerischen Torwart oder am Fuß). Nun kann nach einem festen Ablauf nacheinander 1 gegen 1 bis 4 gegen 4 gespielt werden. Alternativ kann der Trainer per Zuruf oder optisches Signal die Anzahl der Spieler in der nächsten Aktion vorgeben. Möglich sind hier auch sehr gut Überzahl-/Unterzahlsituationen (2:1, 3:2, etc.).
Man kann eine Mannschaft für eine bestimmte Zeit angreifen lassen und die erzielten Tore zählen. Die Verteidiger können kontern und zählen ihrerseits die Tore. Diese Trainingsübung kann sehr hilfreich sein, um die Absicherung in der Offensive und das direkte „Hinterhergehen“ bei Ballverlust umzusetzen, weil ja im Grunde sofort ein Gegentor droht. Um die „Brisanz“ zu steigern, kann man der Verlierermannschaft Liegestütze oder ähnliches aufbrummen.
Spiel mit individuellen Zusatzaufgaben
Trainingsübungen in Spielform lassen sich leicht erweitern, indem man an bestimmte Situationen eine Zusatzaufgabe für einzelne Spieler anschließt. Vergibt z.B. ein Spieler eine gute Torchance (innerhalb einer bestimmten Zone), so muss er einen kurzen Slalom laufen oder eine Technikaufgabe außerhalb des Spielfeldes erfüllen. Vom Spieler erfordert das schnelles Umschalten auf die Zusatzaufgabe, um möglichst schnell wieder mitspielen zu dürfen, seine Mannschaft muss solange in Unterzahl spielen (veränderte Spielsituation mit anderen Verhaltensweisen).
Bei sehr kleinen Spielen, die schnell hin und her gehen, wird die Trainingsübung abwechslungsreicher und herausfordernder. Ein zusätzliche Anforderung an die Psyche der Spieler ist die „Bestrafung“ bei Misserfolg (die hier ausnahmsweise eingesetzt wird). Man kann aber genauso gut dem Gegner bei eigenem Torerfolg einen Spieler abziehen, so dass er zunächst in Unterzahl auf den Rückstand reagieren muss, oder nach einer bestimmten Zeit Spieler herausnehmen. Hier sind viele Varianten möglich.
Unter dem folgenden Link findet ihr einen interessanten Artikel zur Verbesserung der Reaktionszeit: Training zur Verbesserung der Reaktionszeit
Anmerkung zur Spielzeit bei den einzelnen Übungen:
Es scheint üblich zu sein (zumindest wird es überall empfohlen), dass bei hoher Intensität mit wenigen Pausen eine Nettospielzeit von 1 Min pro Spieler in einer Mannschaft wählt, d.h. eine Trainingsübung 4 gegen 4 dauert etwa 4 Minuten. Eine Minute Zugabe geht immer, je nach Leistungsniveau der Spieler. Ab 7 gegen 7 kann man das verlängern, denke ich (10 Min.), aber auch hier abhängig von den Pausen.
Macht man ein normales Spiel, so ist dieses ja auch immer wieder unterbrochen. Die Unterbrechungen lassen sich durch Ersatzbälle (ggf. bringt der Torwart schnell einen neuen Ball ins Spiel) und die Aufforderung zum schnellen Weiterspielen durch den Trainer verkürzen, die Intensität der durchgeführten Trainingsübung erhöht sich.