Viele Mannschaften verteidigen bei Eckbällen in Raumdeckung. Das Verteidigen von Eckbällen im Raum hat verschiedene Vorteile. Man kann dadurch eine vorhandene Unterlegenheit im Kopfballspiel ausgleichen, indem man aktiv verteidigt. Durch klare Absprachen und mutiges Verteidigen beim Eckball, hält man den eigenen Fünfmeterraum und das Tor sauber.
Die folgende Abwehrvariante im Raum (nur eine von vielen möglichen) habe ich über mehrere Saisons erprobt. Sie hat sich bewährt. In gut drei Jahren kassierten wir maximal eine Handvoll Gegentore nach Eckbällen. Und das bei oft deutlich größeren und kopfballstärkeren Gegnern. Und so funktioniert es:
Raumdeckung beim Eckball
Die Spieler stehen in einer Viererkette außerhalb des 5m-Raumes, etwa auf Höhe des 11m-Punktes postieren sich 3 weitere Spieler in einer Dreierkette, 1 Spieler besetzt den kurzen Pfosten, 1 Spieler die Strafraumgrenze, 1 Spieler wartet in der Nähe der Mittellinie als Anspielstation für Konter.
Läuft nun der Ausführende an, laufen alle Spieler (4er-und 3er-Kette) parallel schräg nach vorne an, imitieren also quasi den Anlauf der Stürmer (siehe Abbildung 1). Sobald der Eckball ausgeführt wird, müssen sie sich schnell in Richtung Ball orientieren und entschlossen ins Kopfballduell gehen (am besten zu zweit). Dabei ist entscheidend, dass sie ihren Körper vor den Gegner kriegen bzw. diesen fair wegdrängen können (Schultereinsatz). Wird der Ball abgewehrt, rücken sie kontrolliert heraus, der ballnächste Spieler attackiert den Ballbesitzer aggressiv, um einer Diagonalball/Pass über die Abwehr zu verhindern.
Durch die klaren Laufwege haben die Spieler mehr Sicherheit, als wenn sie einem Gegner nachlaufen müssten, der ihnen dann immer einen Schritt voraus wäre. Aber es kommt drauf an, das Timing richtig zu wählen.
Schwierig wird diese Variante nach meiner Erfahrung, wenn der Gegner Spieler sehr nach an der Torlinie postiert, wobei einer oder mehrere die Laufwege für die Verteidiger blockieren (Block stellen). Hier kann es bei scharf auf den kurzen Pfosten getretenen Ecken gefährlich werden. Als Gegenmaßnahme kann man einen Spieler aus der Formation herauslösen und mit dieser „Sonderaufgabe“ betrauen. Ohnehin kann man die Anzahl und Formation der Spieler nach eigenen Stärken und Schwächen variieren.
Verhalten bei kurzer Ecke des Gegners
Bei einer kurz ausgeführten Ecke attackieren der Spieler am Pfosten und an der Strafraumgrenze auf dem Flügel, der Rest hält sein Formation, um bei einer Flanke die Räume gut besetzt zu haben (Abbildung 2). Die beiden Spieler, die attackieren, orientieren sich natürlich schon früher in Richtung Gegner, wenn sich eine kurze Ecke andeutet. Hier ist höchste Aufmerksamkeit gefragt. Und auch hier hat die klar Absprache den Vorteil, dass gleich klar ist wer attackiert. Das sieht man häufig auch anders.
Variante: Langen Pfosten beim Eckball auch besetzen
Will man ganz auf Nummer sicher gehen, lässt sich auch ein Spieler am langen Pfosten postieren (Abbildung 3). Man könnte jetzt vermuten, dass diese Variante äußerst defensiv ist, weil keine Spieler vorne bleibt. Dem entgegen steht jedoch, dass der Gegner vielleicht mehr Spieler nach vorne beordert und so bei einem abgefangenen Ball weniger gegnerische Spieler hinter dem Ball sind. Das erhöht die Chance auf einen erfolgreichen Konter, wenn sich die Verteidiger sofort nach vorne lösen (z.B. für einen Abwurf des Torhüters in den Lauf).
Risiken der Raumdeckung beim Eckball – lang gespielte Eckbälle
Extrem gefährlich für die eigene Verteidigung im Raum sind lang gespielte Eckbälle. Während man mit einer kompakten Formation di Räume vor dem Tor sehr gut schließen kann, ziehen lang postierte Spieler des Gegners die eigene Formation auseinander. Denn bleibt man kompakt, hat der Gegner ggf. Zeit, den lang gespielten Ball zu verarbeiten. Daraus folgt, dass man im Zentrum vor dem Tor nicht mehr so kompakt steht. Eine gute Chance für Mannschaften, die gegen eine Raumdeckung bei Eckbällen gefährlich sein wollen. Im Grunde gilt wie beim Aufbauspiel das Prinzip “breit und tief machen”.
Was als taktische Maßnahme funktioniert, ist, den Spieler vom langen Pfosten zu lösen und hinter dem letzten Spieler der 4er-Kette zu platzieren. So kann er bei lang getretenen Ecken eingreifen. Aber auch wenn nicht, bleiben Gegentore nach Eckbällen äußerst selten. Und wenn es ein Mittel gäbe, alle Gegentore nach Standards zu verhindern, dann wäre Fußball auch nur noch halb so interessant.
Vorteile und Nachteile der Raumdeckung bei Ecken
Orientierung:
Contra Raumdeckung: Ich laufe bei der Raumdeckung einfach los und sehe nicht was hinter mir passiert.
Pro Raumdeckung: Das ist bei Manndeckung ähnlich, man kann sich zwar am direkten Gegenspieler orientieren, dafür wird man vom Ball abgelenkt.
Räume:
Contra Raumdeckung: Es gibt Räume, die nicht besetzt sind (z.B. ganz langer Raum).
Pro Raumdeckung: Dafür sind torgefährliche Räume (kurzer Pfosten und Zentrum) stärker besetzt. Durch die feste Besetzung von Räumen kann der Gegner diese nicht so einfach „freiziehen“.
Laufwege:
Contra Raumdeckung: Man läuft in einen Raum, obwohl man nicht weiß, ob der Ball dorthin kommt.
Pro Raumdeckung: Trotzdem sind alle wichtigen Räume besetzt, da alle Defensivspieler gleichförmig laufen. Durch feste Laufwege kann man sich auf den Ball konzentrieren.
Aktivität:
Contra Manndeckung: Man reagiert nur auf die Bewegungen des Gegners.
Pro Raumdeckung: Man agiert und bestimmt so (zumindest zum Teil) was passiert.
Teamgeist:
Contra Raumdeckung: –
Pro Raumdeckung: man verteidigt viel mehr als Team als bei Manndeckung
Trainingsaufwand:
Das Training der Raumdeckung geht relativ schnell, man arbeitet eher im gruppentaktischen Bereich. Das Training der Manndeckung beim Eckball ist eher schwierig, da es sich sehr stark auf individualtaktische Details bezieht.
Neben der reinen Form des Verteidigens im Raum bei Eckbällen lassen sich natürlich allerlei Mischformen spielen. Z. B. ordnet man seine kopfballstarken Spieler fest Gegnern zu uns lässt den Rest der Mannschaft im Raum verteidigen (4-2 oder 3-2). Dafür sollte man aber den Gegner und seine gespielten Eckballvarianten genau kennen, um zu wissen, welche Räume man verstärkt verteidigen sollte.
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