Zum Inhalt springen

Raumdeckung beim Freistoß – weniger Gegentore, mehr Konter

In den letzten Jahren fallen im Fußball immer mehr Tore durch scharf und mit viel Schnitt in Richtung Tor getretene Freistöße aus dem Halbfeld. Meistens werden sie leicht abgefälscht oder verlängert und sind für den Torwart dadurch sehr schwer zu berechnen. Immer wieder passieren hier auch Eigentore, weil die Verteidiger nicht richtig hinter den Ball kommen.

Bei der Standard-Verteidigungsvariante gegen Freistöße aus dem Halbfeld, nämlich einer Manndeckung am 16m-Raum, sehen sich die Torhüter im Normalfall mit einer Horde von eigenen und gegnerischen Spielern konfrontiert, die mit hohem Tempo auf sie zulaufen. Hier ist nur schwer einzuschätzen, wer wirklich an den Ball kommt.

Was hier funktionieren kann, ist eine Raumdeckung, ähnlich wie bei Eckbällen. Voraussetzung ist, dass die kopfballstarken Spieler einer Mannschaft auf jeden Fall das Zentrum besetzen und tief im eigenen Strafraum stehen. Wird der Freistoß ausgeführt, laufen sie dem Ball entschlossen entgegen, können so mit Anlauf ins Kopfballduell gehen und mit großer Wahrscheinlichkeit klären (siehe Abbildung 1). Sind die Angreifer unaufmerksam, besteht zusätzlich die Chance, sie abseits zu stellen.

Freistoß aus dem Halbfeld – im Raum verteidigen

Die größten Kritiker sind hier die Spieler, die eigentlich am meisten profitieren: die Torhüter. Hier hört man, wenn man die Variante vorstellt, häufig das Argument, dass ihnen dann der Raum zum Reagieren fehle. Allerdings müssen sie ja auch nicht reagieren, wenn ihre Verteidiger den Ball schon vorher klären können. Hier ist aus Trainersicht einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten.

Für das Tiefstehen und Entgegenlaufen spricht auch, dass man diese Bewegung sehr gut zum Kontern nutzen kann, wenn alle Spieler der eigenen Mannschaft entschlossen dem abgewehrten Ball nachlaufen. Schaltet der Gegner nicht schnell genug um bzw. kann den abgewehrten Ball nicht erlaufen und sichern, ergibt sich u.U. eine aussichtsreiche Überzahlsituation.

Schnelles Umschalten und Konterspiel nach der erfolgreichen Abwehr

Um nicht nur defensiv zu denken, sollte man beim Training und im Spiel auch den schnellen Konter mitberücksichtigen. Dazu muss man Laufwege und Aufgaben klar verteilen: Welcher Pass kommt vom TW? Wer läuft in welchen Position? Wer besetzt den Raum im Mittelfeld, wer läuft direkt auf die Abseitslinie durch? Das ist natürlich alles abhängig vom Gegnerverhalten. Insofern muss man bei allen einstudierten Varianten auch flexibel sein, was Laufwege und Passwege angeht.

Entscheidend ist, dass das schnelle Umschalten im höchsten Tempo und mit höchster Präzision passiert. Die Spielerinnen dürfen sich nicht beirren lassen und müssen auch im 1 gegen 1 extrem mutig sein.

Raumdeckung und Manndeckung bei Freistößen kombinieren

Die Kombination von Raumdeckung und Manndeckung wird häufig gemacht, um besonders kopfballstarke Gegner zu neutralisieren. Die 2-3 guten eigenen Kopfballspieler nehmen die gefährlichen großen Gegner in Manndeckung und arbeiten oft mit engem Körperkontakt, um ihnen die Laufwege zu schließen.

Die restliche Mannschaft deckt die torgefährlichen Räume, damit der Gegner hier nicht frei einlaufen kann. Man schränkt also die Bewegungsfreiheit ein und verengt die Räume. Die Spieler, die manndecken, laufen mit ihrem Gegner mit, der Rest blockiert Räume oder läuft aktiv ein.

Training von Standardsituationen ist zeitaufwändig aber oft spielentscheidend

Je nachdem, wie viel Zeit man zur Verfügung hat, sollte das Training von Standardsituationen fest eingeplant werden. Im Idealfall widmet man mindestens 30-60 Minuten in der Woche dem Erarbeiten und Training von Standards. Dabei ist es zunächst wichtig, dass die Spieler ausgeruht sind. Dafür eignet sich eine Abschlusstraining vor dem Wettkampf, das mit geringer Intensität ausgeführt wird. Ansonsten kann man immer wieder auch die Spezialisten nach dem Training ein paar Minuten zusätzlich machen lassen. Für das Defensivverhalten ist das eher schwierig. Hier sollte man sehr spielgemäß trainieren, d. h. Räume, Ballpositionen und Spieleranzahlen sollten dem Wettspiel entsprechen.

Ideal ist es, wenn man das Standardsituationen-Training auf den nächsten Gegner abgestimmt hat , also seine Stärken und Schwächen sowie die bevorzugten Varianten kennt. Dazu ist vorheriges Scouting bzw. eine Spielbeobachtung notwendig.

Raumdeckung beim Freistoß – Varianten

Eine beliebte Variante ist das Spielen mit einer Viererreihe innerhalb des Strafraums. Dadurch hat man eine relativ dichte Verteidigung in der Zone, die bei einer hart getretenen Freistoßflanke für den Torwart schlecht erreichbar ist.

Will man tiefer agieren (zwischen Elfmeterpunkt und Fünfmeterraum), kann man sich in einer Vierer- und einer Dreierreihe davor (etwa 4-5m Abstand) positionieren. Dadurch hat man den gefährlichen Raum im eigenen Strafraum gut besetzt und verdichtet. Großer Vorteil ist, dass man sich fast gar nicht am Gegner orientieren muss. Die eigenen Spieler achten nur darauf, ihre Position zu besetzen. Kommt der Ball, müssen sich die Spieler in der Nähe natürlich mutig und entschlossen in Richtung Ball bewegen und versuchen, zu per Kopf zu klären oder zu blocken.

8 Gedanken zu „Raumdeckung beim Freistoß – weniger Gegentore, mehr Konter“

  1. Hallo Thomas,

    wenn er nicht dauernd nach vorne und zurück laufen muss, dann sollte das wirklich machbar sein.
    Wenn man schon einen so kopfballstarken Spieler hat, dann muss man das auch nutzen.

    Grüße

  2. Hallo nochmals,

    habe mich jetzt dazu entschlossen Freistöße und Eckstöße gegen uns im Raum zu verteidigen.

    Ich bin allerdings noch am überlegen ob ich unseren Mittelstürmer (spielen bekanntlich ja im 4-2-3-1) auf Dauer wirklich jedes Mal zurück in den 16er zum Verteidigen schicken soll bzw. schicken kann.

    Er ist mit Abstand der kopfballstärkste und verfügt über eine gute Grundlagenausdauer.

    Die Mauer bei einem Freistoß besteht bei uns aus der offensiven Dreiherreihe. Und bei einem Eckstoß ziehen wir uns komplett zurück.

    Da die Mannschaft sowie so viel rochiert und im Wechsel immer wieder andere in die Spitze stoßen sollte das für den Mittelstürmer eigentlich machbar sein oder?
    Er spielt dann nach einer Ecke/Freistoß ersteinmal eine andere (tiefere) Position.

    Sportliche Grüße,
    Thomas

  3. Hallo Thomas,

    so würde ich es auch zusammenfassen.
    Natürlich gibt es immer auch Situationen, in denen man abweichen muss/sollte (siehe < a href="http://www.trainerblog.fussball-training.org/taktik/defensive/fussball-raumdeckung-beim-eckball-der-verflixte-lange-eckball-1010.html">hier). Eine gewisse Flexibilität kann nie schaden!

    Grüße,
    Daniel

  4. Also zusammengefasst:
    Ball außen bzw. weite Distanz im Raum verteidigen wie oben beschrieben. Bei Eckbällen oder Freistößen aus dieser Position auch im Raum allerdings mit Mauer. Und bei Freistößen zentral bzw halbaußen bei naher Distanz (Direktschuss) Mauer + Manndeckung. Richtig?

    Vielen Dank & lieben Gruss

  5. 20 Meter zentral vor dem Tor würde ich eine möglichst undurchdringliche Mauer stellen und den Rest in Manndeckung spielen bzw. auf den Abpraller zurücklaufen lassen.
    Bei 40 Metern bietet sich das Verteidigen im Raum schon wieder an, da man dem Ball ja auch aus dieser Position gut entgegengehen kann und möglichst alle torgefährliche Räume abdecken sollte.

  6. Ersteinmal danke! Und wie wenn der Ball zentral 20 Meter vom Tor entfernt ist und wie bei 40 Meter?
    Gruß und danke!

  7. Hallo Thomas,

    das geht auf jeden Fall. Im Grunde ist das ja dann eine Mischung aus Eckball und Freistoß aus dem Halbfeld (von der Position her gesehen). Je näher an der Torauslinie, desto eher würde ich mich am Eckball orientieren.

    Weitere Infos hier: Eckbälle im Raum verteidigen

  8. Hallo zusammen,
    wie verteidigt man gegen Freistöße zentral vorm Tor bzw. Freistöße von außen auf Höhe des 5ers/11ers? Kann man da auch im Raum verteidigen?

Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.