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Anbieten und Freilaufen im Fußball – Varianten

Anbieten und Freilaufen ist die Basis eines gelungenen Kombinationsspiels und die Voraussetzung für das Erarbeiten gefährlicher Torchancen. Dabei kommt es auf Abstimmung mit den Mitspielern, Dynamik und das passende Timing an. Richtiges Freilaufen schafft Zeit und Raum für gelungene Offensivaktionen.

Weil das so komplex ist, muss es von Anfang an auch schon mit Kindern erarbeitet und geübt werden. Die neuen Spielformen im Kinderfußball, die auf kleinere Mannschaften und Felder und dadurch mehr Ballkontakte pro Kind setzen, helfen dabei.

Die gruppentaktische Situation Freilaufen findet man im Fußball in drei Hauptausprägungen: Entgegenkommen, Freilaufen in der Tiefe und Freilaufen in die Tiefe. 

Freilaufen im Fußball:

Häufige Fehler beim Freilaufen im Fußball sind:

Gut gedacht heißt nicht immer gut gemacht. Viele Spieler kommen extrem weit und in der falschen Richtung entgegen. Das führt dazu, dass ihre Anschlussaktion, wenn sie angespielt werden, erschwert ist durch zu wenig Raum, Zeit und Orientierung. Deshalb sollte man die folgenden Fehler beim Freilaufen im Fußball unbedingt vermeiden:

  1. Zu weit entgegenkommen, so dass kaum noch Raum für einen Pass ist (Raumverhalten). Man holt sich quasi den Ball ab, was taktisch selten einen Sinn ergibt.
  2. Gerade entgegenkommen, so dass man nicht sieht, wie der Gegenspieler sich verhält, weil man ihn genau im Rücken hat (Orientierung)
  3. Zu früh entgegenkommen, so dass man nicht mehr in Bewegung ist, wenn gepasst wird (Timing). Dadurch, dass man auf den Ball wartet, hat es der Verteidiger leichter, an den Ball zu kommen bzw. zu verteidigen.
  4. Freilaufen ohne Tempoverschärfung, Gegner kann eventuell den Ball ablaufen (Dynamik/Explosivität). Eine gelungene Offensivaktion lebt von plötzlichen Tempowechseln. Und das gilt vor allem für Freilaufaktionen in der Offensive.

An eben diesen Variablen muss man jahrelang arbeiten, um das Freilaufen zu perfektionieren und damit das Kombinationsspiel zu verbessern.

Entgegenkommen und Lösen – Freilaufen und Anbieten mit Gegner im Rücken

Das Entgegenkommen sollte klar sein: Man bewegt sich auf den Ballbesitzer zu und versucht sich von seinem Gegenspieler zu lösen. Idealtypisch kommt man nicht schnurgerade, sondern leicht schräg, so dass die Vororientierung über einen oder mehrere kurze Schulterblicke möglich ist (schräges Entgegenkommen).

Sollen Stürmer (Stürmertypen und Verhalten im Fußball) oder Mittelfeldspieler sich beim Fußball mit Gegner im Rücken freilaufen bzw. entgegenkommen, wird das – auch auf hohem Niveau –  häufig falsch gemacht. Hier zeigen wir einige immer wieder vorkommende Probleme beim Freilaufen bzw. Lösen vom Gegner und das richtige Verhalten unter Gegnerdruck.

Wir gehen in dieser Situation davon aus, dass die Aktion nicht am Flügel (in der Nähe der Seitenauslinie) stattfindet. Dadurch stehen dem ballerwartenden Spieler beide Richtungen zum Freilaufen/Aufdrehen offen.

Falsch – gerades Freilaufen mit Gegenspieler im Rücken

Falsch – gerades Freilaufen mit Gegenspieler im Rücken | Grafik erstellt mit easy Sports-Graphics

Richtiges Anbieten und Freilaufen mit Gegner im Rücken

1. sich so hoch (weit vorne) wie möglich anspielen lassen, um auch nachrückenden Spielern genügend Raum zu lassen
2. schräges Kommen mit Schulterblick, um Bewegung des Gegners aus dem Augenwinkel zu sehen und entsprechend reagieren zu können (Körper reinstellen/aufdrehen, …)
3. erst bewegen, wenn der Mitspeler am Ball passbereit ist, dann aber explosiv, d.h. auf den Punkt freilaufen

Richtig – schräges Freilaufen vom Gegenspieler weg

Richtig – schräges Freilaufen vom Gegenspieler weg | Grafik erstellt mit easy Sports-Graphics

Reagiert der Gegner nicht schnell genug, bei der Ballannahme sofort nach vorne aufdrehen (spieloffene Annahme) und mit Ball offensiv werden. Mit einem entschlossenem Tempodribbling nach vorne Druck ausüben, um ihn zu überspielen oder zu einer Defensivaktion zu zwingen:

Aufdrehen bei der Ballannahme und Tempodribbling

Aufdrehen bei der Ballannahme und Tempodribbling | Grafik erstellt mit easy Sports-Graphics

Freilaufen in der Tiefe / Lösen

Beim Freilaufen in der Tiefe hält man seine Höhe und bewegt sich seitlich auf einer gedachten Parallele zur Mittellinie. Diese Art des Freilaufens geschieht oft im äußeren Bereich bzw. auf den Halbpositionen, wenn ein Spieler sich seitlich von seinem Gegner weg bewegt.

11 gegen 11 Freilaufen in der Tiefe
Freilaufen in der Tiefe

Freilaufen in die Tiefe / Überlaufen

Das Freilaufen in die Tiefe ist ein Lauf in den freien Raum hinter dem Gegner, um einen durchgesteckten Pass (Steilpass) des Mitspielers zu Erlaufen. Häufig wird der Gegenspieler mit einer Gegenbewegung herausgelockt, damit er den Raum hinter sich öffnet. Oder der Laufweg kommt diagonal von Außen in den Rücken des Gegners.

11 gegen 11 Freilaufen in die Tiefe
Freilaufen in die Tiefe

Einige wichtige Varianten des Freilaufens in die Tiefe bzw. von Laufwegen der Stürmer finden sich im Artikel:

Anbieten und Freilaufen am Flügel

Nachdem wir uns bereits mit dem Freilaufen mit Gegner im Rücken (individualtaktisch) beschäftigt haben, wenden wir uns in diesem Artikel der Betrachtung des Freilaufens am Flügel zu (Gruppentaktik). Ziele des Freilaufens können je nach Situation unterschiedlich sein: selbst anspielbar sein, Räume für Mitspieler freiziehen/öffnen, oder auch nur den Gegner in Bewegung halten.

Die Situation am Flügel: Enger Raum (durch die Seitenauslinie begrenzt), dadurch große Gefahr von Pressingsituationen. Als Möglichkeiten des Freilaufens (wir betrachten hier den äußeren Mittelfeldspieler) bleiben:
in die Tiefe gehen, Entgegenkommen, nach innen ausweichen (bzw. von innen nach außen gehen). Das Entgegenkommen lassen wir hier außen vor und betrachten das Freilaufen in die Tiefe (steil gehen) und das Ausweichen nach innen (außen-innen).

Auch hier gilt: Niemals in dem Raum stehen, in den man angespielt werden will, sondern diesen freilassen (das müssen natürlich auch die Mitspieler beachten).

Am Flügel: Kommen-Gehen (1)

Der offensive Mittelfeldspieler (11, weiß) wird vom Außenverteidiger (2, rot) eng markiert, sein eigener Außenverteidiger (3) gerät unter hohen Gegnerdruck. Ein Kurzpass in den Fuß von (11) ist äußerst riskant, da sich auch der defensive Mittelfeldspieler schon nach außen orientiert. Eine Pressingsituation wäre kaum zu vermeiden. (11) kommt ein paar Schritte entgegen und startet dann mit Tempo entlang der Linie (Abrollen nach außen), sodass ihn (3) mit einem gezielten Flugball anspielen kann.

Die Gegenbewegung hilft, den Gegner noch weiter herauszulocken und dadurch den Raum in der Tiefe zu öffnen. Den nötigen Raum am Flügel öffnet (9) noch weiter, indem er nach innen ausweicht und so den Innenverteidiger 4 mitzieht (wenigstens ein paar Schritte). Stimmt das Timing in dieser Situation, kann sich 11 einen Bewegungsvorsprung erarbeiten und flanken/mit Ball nach innen ziehen.

Flügelspiel – von außen nach innen (2)

Flügelspiel - Anbieten und Freilaufen von außen nach innen
Flügelspiel – Freilaufen von außen nach innen | Grafik erstellt mit easy Sports-Graphics

Hier ist ein Innenverteidiger (5, weiß) am Ball und wird durch die rote Mannschaft unter Druck gesetzt, sodass er schnell passen muss. Der Ball auf den linken Außenverteidiger (3) wird aber zugestellt. Der offensive Mittelfeldspieler (11, weiß) startet von seiner Ausgangsposition nahe der Seitenauslinie explosiv in Richtung Zentrum.

Der offensive Mittelfeldspieler (10, weiß) hält seine zentrale Position, sodass ein Passkorridor auf (11) geöffnet bleibt. Den harten, flachen Ball in den Lauf nimmt 11 sofort in die Bewegung mit und kann sofort torgefährlich werden durch einen Torschuss oder Durchstecken auf (9).

Alternative: Freiziehen der Außenbahn. Durch seinen Lauf nach innen öffnet (11) die Außenbahn, wenn der rote Innenverteidiger (2) mitgeht (was er sehr wahrscheinlch machen wird). Das kann der Außenverteidiger (3) zu einem Vorstoß nutzen, wenn er von (5) per Flugball eingesetzt wird.

Anbieten und Freilaufen trainieren

Freilauftraining sollte elementarer Bestandteil der Ausbildung sein, denn Spieler sollten ein Gefühl für Raum, Zeit (Timing) und den Ball (Passstärke) entwickeln.

Hierfür eignen sich bei den Kleinen schon kleinere Spiele (z. B. Minifußball). Mit der Zeit kann man sich dann bei den Trainingsformen immer mehr in Richtung Wettspiel (6 gegen 6 in der E-Jugend, 9 gegen 9 in der D-Jugend und 11 gegen 11 ab der C-Jugend) bewegen. Bitte beachten: je größer das Spiel, desto weniger Aktionen haben die einzelnen Spieler. Hier muss man eine gute Balance zwischen Wiederholungszahl (kleines Spiel) und Wettkampfnähe (großes Spiel) finden.

Übung: Trainieren aus spielgemäßen Positionen

Jeder kennt das klassische Freilaufspiel oder Spiel auf Ballhalten, eine Spielform, bei der es darum geht, möglichst lange am Ball zu bleiben und durch die Anzahl der gelungenen Pässe innerhalb der Mannschaft Punkte zu erzielen. Ich habe festgestellt, dass selbst bei taktisch gut ausgebildeten Mannschaften solche Spielformen häufig etwas chaotisch ablaufen: der Raum wird nicht optimal ausgenutzt, die Spieler stehen zu eng aufeinander, Spielverlagerungen werden nicht oft genug gespielt.

Aus Positionen

Das lässt sich dadurch beheben, dass man das Freilaufspiel in spielgemäßen Positionen ablaufen lässt. Das heißt, die Spieler werden ihren Positionen zugewiesen und haben die Aufgabe, sich aus ihren Positionen heraus am Spiel zu beteiligen. Von der Grundaufstellung her spiele ich dabei meist ein 8:8 mit jeweils zwei Viererketten. Das Spielfeld umfasst für diese Übung eine komplette Spielfeldhälfte (mit oder ohne Strafraum). Ballkontakte pro Spieler: maximal drei, je nach Leistungsstärke.

Die Spieler verhalten sich in dieser Trainingsform (fast) wie im realen Spiel. Die Staffelung ist meistens korrekt (richtiges Coaching vorausgesetzt), das Freilaufverhalten an die jeweilige Position angepasst (Unterschiede Zentrum/Flügel). Auch Spielverlagerungen über die Viererkette oder das Vierermittelfeld finden statt. Durch die festgelegten Positionen wird das Spiel auch nicht zu eng, die Raumausnutzung ist deutlich besser, es kommt ein besserer Spielfluss zustande.

Bessere Vorbereitung auf das Wettspiel

Ich sehe bei dieser Übung einen stärkeren Trainingseffekt als bei der klassischen Variante des Freilaufspiels. Das gilt nicht, wenn es darum geht, möglichst viel zu laufen. Diese Trainingsform bereitet die Spieler aber sehr gut auf taktische Formen zum Offensiv- und Defensivspiel vor. Als abschließenden Teil des Aufwärmens halte ich sie deshalb für sehr gut geeignet. Spiel kann man sie sicherlich ab der D-Jugend.